Über die von der PdA Bern und der KJ 2020 lancierte Initiative für einen lokalen Gratis-ÖV darf nicht abgestimmt werden. Laut Bundesgericht verstösst sie gegen die Bundesverfassung.
In Adelboden gibt es Gratisbusse. In diversen andern Touristenorten auch. Was im Interesse des Fremdenverkehrs ohne weiteres zulässig ist, soll laut Bundesgericht in der Stadt Bern gegen die Verfassung verstossen. Warum das so sein soll, ist dem Urteil des Bundesgerichts nicht zu entnehmen: Es verliert darüber kein Wort.
Art. 81a Abs. 2 der Bundesverfassung sieht vor, dass die Kosten des öffentlichen Verkehrs zu einem angemessenen Teil durch die Fahrpreise gedeckt werden sollen, welche von den Nutzerinnen und Nutzern bezahlt werden. Diese Bestimmung wurde 2014 in einer Volksabstimmung angenommen und in die Bundesverfassung eingefügt. Die dem Stimmvolk vorgelegte Vorlage trug den Titel „Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI)“ und betraf die Verdichtung der überregionalen Taktfahrpläne und die Erweiterung der Kapazitäten. Vom innerstädtischen Bus- und Tramverkehr war in den gesamten Abstimmungsunterlagen mit keinem Wort die Rede.
Wäre die Meinung des Bundesgerichts richtig, dass ein Gratis-ÖV auf kommunaler Ebene aufgrund dieser neuen Verfassungsbestimmung nicht zulässig sei, so müsste die Abstimmungsvorlage von 2014 nachträglich als ausgesprochene Mogelpackung bezeichnet werden. Wir hätten dann einer Vorlage zugestimmt, die einen ganz anderen Inhalt hatte, als die Behörden im Vorfeld behauptet hatten. Und warum dann in Adelboden gleichwohl Gratisbusse herumfahren dürfen, wäre auch völlig unverständlich.
Tatsache bleibt, dass die Einführung von Gratis-ÖV eine wirksame ökologische und soziale Massnahme ist. Sie reduziert den motorisierten Individualverkehr, vermindert Lärm und Abgase und verteilt die Kosten des öffentlichen Verkehrs sozial gerechter, weil die Finanzierung über Steuern auf die finanzielle Situation der einzelnen Benützreinnen und Benützer Rücksicht nimmt.
Laut Bundesgericht dürfen Gemeinden trotz dieser offensichtlichen Vorteile keinen Gratis-ÖV einführen. Vielmehr müssen die Passagiere zwingend einen angemessenen Teil der Kosten mit den gekauften Billetten bezahlen. Was ein angemessener Teil ist, weiss das Bundesgericht ebenfalls nicht. Es muss einfach mehr als Null sein. Vielleicht sollten wir eine Initiative starten, welche ein monatliches Generalabnonnement für den städtischen Verkehr verlangt, das im Monat 10 Franken kostet. Damit wäre dann wohl dem angeblichen Inhalt der Verfassungsbestimmung Genüge getan, und die Behörden und das Bundesgericht hätten keine faule Ausrede mehr, um eine Abstimmung über die Initiative zu verhindern.
PdA Bern