Polizeigesetz – Nein

Abbau von Grundrechten

Beim Bund und in den Kantonen werden verschärfte Polizeigesetze vorbereitet für die restriktivere Überwachung und Verfolgung von Unschuldigen, Feiernden, Fahrenden, Demonstrierenden, Randständigen und «Gefährder-Innen». Für das Referendum gegen das bernische Polizeigesetz wird gesammelt.

«Terrorismus» und «linke und fundamentalistische Gewalt» sind die Zauberworte, mit dem GesetzgeberInnen und Polizei die Bevölkerung immer intensiver überwachen und Grundrechte aushebeln. Neue, drastische Polizeigesetze in immer mehr Kantonen und deutschen Bundesländern schaffen neue «Freiheiten» für die Polizei, z.B. in Bayern die Möglichkeit, Handgranaten einzusetzen.
Die reaktionärsten MachtpolitikerInnen arbeiten am Abbau von Demokratie und Grundrechten: Mit den polizeilichen Inszenierungen während des G20 in Hamburg, seinen gerichtlichen Nachspielen und der Ernennung von Horst Seehofer aus dem avantgardistischen Repressionsbundesland Bayern zum Innenminister. Auch der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz wurde für seine provozierende G20-Polizeigewalt zum Bundesminister befördert. Ausser Thüringen arbeiten zur Zeit alle Landesregierungen an der Verschärfung ihrer Polizeigesetze: Aufenthalts- und Kontaktverbot sowie Freiheitsentzug von bis zu einem Monat für mutmassliche GefährderInnen, Einführung von Tasern und elektronischen Fussfesseln, Telekommunikationsüberwachung ohne konkreten Tatverdacht, anlasslose Ausweiskontrollen und Durchsuchungen und so weiter. 

Spitzelsystem schaffen
Die SicherheitsfanatikerInnen im Schwizerländli nützen den PR-Effekt des G20-Terrorismusgefahr-Theaters und spielen ihre angepeilten Massnahmen herunter. Regierungsrat und Polizeidirektor Käser verharmloste in der Debatte über das totalrevidierte Polizeigesetz des Kantons Bern im Grossrat die geplanten Massnahmen und stellte sie vollmundig mit Beispielen aus dem Polizeialltag als völlig normal, angemessen und pragmatisch dar. Beschönigend sprach man im Bundeshaus vor den Medien an der Vorstellung des «Nationalen Aktionsplans zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus» von Prävention, von ein paar schwarzen Schafen, die man früh erkennen müsse, um grösseren Schaden zu verhindern. Das vom Bund angepeilte Gewaltpräventions-Frühwarnsystem ist ein Spitzelsystem. LehrerInnen, BetreuerInnen im Asylbereich, Vereinskader und Freiwillige sollen gemäss der bundesrätlichen Vorlage in Früherkennung geschult werden und Verdächtiges melden. «Anlaufstellen für die Bevölkerung» sollen Hinweise von Eltern, Familienangehörigen, ArbeitgeberInnen, KollegInnen, NachbarInnen und Bekannten entgegennehmen, Fachstellen sollen bei Verdacht mit Präventionskursen in Schulen, Betriebe und Vereine gehen, Informationen und Denunziationen sollen diese Stellen an Polizei und Geheimdienst weiterleiten.

Gesinnung bestrafen
Es geht bei der Präventionsattacke um «GefährderInnen», die keine Straftat begangen haben und keine Vorbereitungshandlungen dazu unternehmen. Simonetta Sommaruga, Vorsteherin des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, definiert: «Das sind Gesinnungstäter, auch nach Absitzen einer Strafe.» Die müsse man unter Kontrolle und Strafe stellen. Für sie sollen Meldepflicht, Kontaktverbot, Hausarrest, Fussfesseln und die Ausweisung bei AusländerInnen eingeführt werden.
Schon vor sieben Jahren hatte der Grossrat des Kantons Bern bestimmt, die «Police Bern» dürfe gegen Personen zur Verhinderung von Verbrechen (Delikte, die mit mehr als drei Jahren bestraft werden) oder Vergehen (wie zum Beispiel Diebstahl) Personen «an allgemein zugänglichen Orten verdeckt beobachten und dabei Bild- und Tonaufnahmen machen». Im totalrevidierten Gesetz soll die Berner Polizei auch ohne Anfangsverdacht aufgrund von Hinweisen oder Gerüchten ohne richterliche Genehmigung einen Monat im Leben einer Person schnüffeln dürfen – erst für die Fortsetzung der Überwachung über einen Monat hinaus müsste eine Genehmigung eingeholt werden.

Ohne konkreten Verdacht
Das neue Berner Polizeigesetz will «verdeckte Vorermittlung», «verdeckte Fahndung» und «Observation» anwenden, um strafbare Handlungen zu entdecken und dann zu verhindern. Die noch gültige Regelung lässt diese Massnahmen nur zur Verhinderung von Straftaten zu, also mit einem konkreten Anfangsverdacht. Das gibt mehr Raum für Racial Profiling und andere diskriminierende Profilings. Die Polizei dürfte ohne richterliche Genehmigung irgendwelche Personen und ihr Umfeld beobachten, filmen und abhören, FahnderInnen dürften ihnen gefälschte Ausweise vorzeigen.
Durch diese neuen Kompetenzen würde der grundrechtlich geschützte Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Schutz der Privatsphäre der betroffenen Personen verletzt. Transparenz und demokratische Kontrolle fehlen im neuen Gesetz. Denn die Polizei wäre nicht verpflichtet, diese Massnahmen zu erfassen und einem demokratisch legitimierten Kontrollorgan wie zum Beispiel der Geschäftsprüfungskommission GPK zu melden.

Doppelte Diskriminierung
Obdachlose, Suchtkranke und alle, die durch Kleidung oder Verhalten «stören», von der fragwürdigen gutschweizerischen Norm abweichen, könnten im Kanton Bern mit dem griffigen Polizeigesetz bis zu 48 Stunden aus dem öffentlichen Raum mit der Begründung der Störung der öffentlichen Ordnung weggewiesen werden. Fahrende Jenische, Sinti und Roma müssten neu auch ohne akute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und ohne gerichtliche Verfügung auf Anweisung der «Police Bern» innerhalb von 24 Stunden einen Platz räumen. Doppelte Diskriminierung: Standplätze werden nicht zur Verfügung gestellt, die Wegweisung wird erleichtert.
Neu könnten die Sicherheitskosten bei Veranstaltungen an die Gemeinden und die Veranstaltenden überwälzt werden. Die Gemeinden dürften nicht über den Umfang des Polizeiaufgebots für Dorffeste oder Sportveranstaltungen bestimmen, müssten aber das von «Police Bern» bestimmte und gestellte Aufgebot bezahlen. Kommt es im Rahmen von Demonstrationen und Aktionen zu «Ausschreitungen» oder Abweichungen von der vorgeschriebenen Route, könnten den Veranstaltenden Sicherheitskosten von bis zu 30 000 und Teilnehmenden bis zu 10 000 Franken auferlegt werden. Dadurch würde das kulturelle und das politische Leben der Menschen beschränkt und die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit beschnitten, die gerade in Zeiten des Abbaus der Sozialwerke wichtig sind. Im Kanton Luzern ist ein ähnlich verschärftes Polizeigesetz bereits in Kraft. Demonstrationen finden dort nur noch wenige statt, da sie sehr teuer werden können, eine 1.-Mai-Demo gibt es nicht mehr. Treffen würde es auch Menschen, die im eigenen Garten, auf dem Balkon oder im öffentlichen Raum feiern: Ruft jemand die Polizei wegen Ruhestörung, kann diese den VerursacherInnen die Kosten für den Polizeieinsatz anhängen.

Die PdA sammelt mit beim Referendum. Anfang Juli läuft die Frist ab, die nötigen Unterschriften sind noch nicht zusammen!
www.polizeigesetz-nein.be