Was im Vorfeld des 25. Mai veröffentlicht wurde, las sich wie die Chronik einer angekündigten Katastrophe: Gemeinderat, Polizei, Medien und die meisten politischen Parteien wurden nicht müde sich gegenseitig mit Horrorszenarien und Vorverurteilungen der Veranstaltung „Tanz dich frei 3“ zu übertrumpfen. Da wurden die Fanmärsche vor dem Cupfinal zum unheilschwangeren Vorspiel stilisiert und da rochen sensible Politschnüffler Gewalt in der Luft, während die Jugendversteher sich übers apolitische und wohlstandsverwahrloste Partyvolk in Markenklamotten ausliessen, das noch nie etwas geleistet hätte. Solche Diffamierungen sind es, die wütend machen – immer wieder und immer noch!
Hämisch wurde der Wetterbericht wie eine Trumpfkarte ausgespielt. Und er kam dann: der Regen. Und es kam: das tanzende Volk. Und es kamen Tausende. Sie tanzten und sie lieferten den lebendigen Beweis, dass der öffentliche Raum nach Ladenschluss nicht eine Wüste sein muss. Und sie tanzten, bis das Tränengas kam, der Wasserwerfer, der Gummischrot. Und viele tanzten auch dann noch weiter. Und viele schüttelten einfach nur den Kopf, weil nicht zu erkennen war, was denn plötzlich in die Polizei gefahren war. Und man muss sich diese Frage immer noch stellen.
War es eine Vergeltungsaktion für ein Scharmützel an einem Zaun, ein Akt von Kollektivbestrafung – etwa nach dem Leserbriefmotto: Mitgegangen, mitgehangen? Oder war das die endgültige Verabschiedung der Strategie der Deeskalation? Oder war es etwa schlicht der Druck der ideologischen, materiellen und personellen Aufrüstung für den Anlass? Musste es einfach so weit kommen, damit ein Kalkül aufgeht? Diese Fragen müssen sich all jene stellen, welche die Eskalation seit Wochen herbeigeschwatzt haben.
Aber viele von ihnen – in den Parteien, in den Medien, in der Polizei und im Gemeinderat – scheinen immer noch nicht genug zu haben. Und sie drehen weiter an der Schraube und steigern sich in ihren repressiven Fantasien in einen wahren Rausch hinein. Dass dabei rechtsstaatliche Gepflogenheiten bloss noch als Ärgernis gelten, versteht sich fast schon von selbst. Und dass auf diesem Boden Aufforderungen zur Denunziation gedeihen – wen mag das noch zu erstaunen? Hier haben wir die wahren Folgeschäden, die nicht so einfach zu kitten sind.
Es kamen Tausende und trotzten dem Wetter, der Angstmache und der Vorverurteilung. Weil sie sich nicht spalten und gegeneinander ausspielen liessen. Darin lag die Stärke von „Tanz dich frei 3“. Darin liegt aber auch die Voraussetzung für ein „4“ und darüber hinaus für jede Belebung des städtischen Raums, die sich nicht an Profitinteressen misst. Dieser Tanz muss weitergehen – gemeinsam!
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 6. Juni 2013