PINTO können wir uns sparen – Offene Jugendarbeit nicht!

Integrierter Aufgaben- und Finanzplan der Stadt Bern 2014–2017
Intervention der PdA an der Stadtratssitzung vom 25.04.2013

Ob Beten denn eine Kunst ist – das kann man nie so genau wissen und das Urteil des Bundesamts für Kultur wird uns da auch nicht zur unumstösslichen Gewissheit verhelfen. Dass PINTO nichts mit Sozialarbeit und Jugendhilfe zu tun hat: Das können wir allerdings schon wissen. Das wäre schon einmal die Kurzfassung. Näheres könnte ich Ihnen à discrétion liefern. Keine Angst, ich beschränke mich aufs Minimum. Aufs notwendige Minimum.

Auf die Gefahr hin mich hier als Ewiggestriger zu outen, beharre ich auf dem notwendigen Zusammenhang, der zwischen dem Schutz der Religionsfreiheit und dem privaten Charakter des religiösen Bekenntnisses besteht, bestehen muss. Dass einzelne Konfessionen allerdings über eine satte Unterstützung aus staatlichen und/oder parastaatlichen Quellen verfügen – darüber wird sich wohl niemand in diesem Saal erstaunt zeigen. Sonst müssten wir uns ernsthaft über die Finanzierung von Pfarrstellen im Kanton Bern, über das Finanzimperium des Vatikans oder die saudische Glaubensbank unterhalten, was Ihnen so zuwider laufen wird wie der Einschluss der Religionslosen in den verfassungsmässigen Respekt gegenüber Glaubensbekenntnissen.

Bekenntnisse leben von der Differenz. Religiöse Bekenntnisse grenzen sich von der Konkurrenz ab. Das sei ihnen auch unbenommen. Je offener diese Auseinandersetzung geführt wird, desto interessanter und transparenter für alle ist sie. Bekenntnisse sind Bekenntnisse, Religionen Religionen – sonst könnte man ja auch ruhig von Geschmackstrend, Lifestyle und mentaler Tagesform sprechen. Wer will das ausser der nimmersatten Fan-Gemeinde der EventistInnen der 24-Stunden-Community? Leider drücken Supermärkte aufs Niveau. Das können wir uns gerade dann nicht leisten, wenn wir Fragen des Bekenntnisses ernst nehmen.

Was wir uns auch nicht leisten können ist ein teurer Apparat, der die Arbeit für und mit Menschen, die nicht zu den Mächtigen und Privilegierten dieser Gesellschaft gehören, mit dem repressiven Auftrag von Sicherheitskräften vermixt. Wie bei den religiösen Bekenntnissen können wir doch mindestens verlangen zu wissen, woran wir bei wem sind! Verwedeln von Gegensätzen ist weder im einen noch im andern Fall ein Zeichen der Aufrichtigkeit. Wir müssen daran interessiert sein, jene zu unterstützen, die über eine Position verfügen, die sie offen vertreten. Das war beim Produkt PINTO von Anfang an nicht der Fall.

Das Produkt PINTO gehört auf der Abfallhalde der Geschichte von Kontrolle, Einschüchterung, Belästigung definitiv entsorgt. So können wir uns erstens etwas ersparen: Eine politisch, fachlich und sachlich höchst problematische Vermischung von Aufgaben der Sozialarbeit mit der repressiven Logik der Sicherheits- und Ordnungspolitik, institutionell erst noch eingebunden in die „Ambulante Jugendhilfe“. Zweitens können wir uns erst noch etwas leisten, was gesellschaftlich sinnvoll und sozial nachhaltig wirkt: dann nämlich, wenn die Gelder, die durch den Wegfall von PINTO frei werden können, zusätzlich in die Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen fliessen. Das ist der Inhalt der Planungserklärung, welche die Partei der Arbeit eingereicht hat – nicht als Reflex aufs Spardiktat, sondern als notwendige Korrektur eines höchst ärgerlichen Missverhältnisses und Missverständnisses.

Kleiner sprachkritischer Nachtrag: PINTO trägt „Toleranz“ im Namen – und auch das Haus der Religionen geht mit dem Toleranz-Label hausieren. Womit denn sonst? Was im religiösen Ernstfall Ungläubige von den verschiedenen Glaubensgemeinschaften an Toleranz zu erwarten habe – lassen wir das hier am besten beiseite. Schon die suggerierte Gleichsetzung von Religionen und Kulturen sollte aber stutzig machen. Gleiches gilt für die Verkuppelung von Toleranz und Intervention bei PINTO. Und vielleicht wäre schon viel erreicht, wenn sich alle überlegen würden, welche Begriffe sie da im Mund führen und miteinander vermantschen. Und zwar am besten, bevor sie ihre bevorzugte Form von Intervention von der Leine lassen und von ihrem stolzen PR-Paket gerade noch etwas übrigbleibt: Repression.

Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 25. April 2013