Postulat Fraktion GLP (Michael Köpfli/Kathrin Bertschy, GLP): Reduktion der Velodiebstähle durch Ködervelos mit einem GPS-Sender
Intervention der PdA an der Stadtratssitzung vom 24.01.2013
Das Postulat käme ein bisschen zu früh, wenn es als Aprilscherz gedacht wäre. Aber zum Unwort des neuen Jahres wird es doch wohl – erst recht mit der gütigen Unterstützung des Gemeinderats – reichen: Ködervelos, Ködereinkäufe, Köderpolitiker, Köderlittering, Köderhooligan, Köderboni, Köderarbeitsplätze, Köderparkplätze, Köderkandidaten, Köderchaoten, Ködersäufer, Köderkiffer, Köderschiffer – was es nicht eh schon gibt, das kann dann ruhig per Vorstoss eingeführt werden: am besten doch gleich im Multipack. Und ausgestattet mit dem Garantiestempel für politische Mehrheitsfähigkeit.
So langsam nehmen also die Phantasien Gestalt an, die gewisse Kreise mit dem Slogan von der sauberen Stadt in Verbindung bringen. Längst schon sind sie über das Niveau der moralischen Aufrüstung hinaus – und rüsten mit neuster Technologie nach. Und sie verbinden damit eine Strategie der gesellschaftlichen Kontrolle mit einer Politik der Abschreckung. Kennen wir das aber nicht schon? Kontrolle und Abschreckung als Garanten von Ruhe und Ordnung sind ja wahrhaftig nicht erst auf dem grünliberalen Kompost zur vollen Blüte gelangt.
Was sollen wir darauf noch weitere Worte verschwenden? Denunziert sich das Ansinnen nicht von selbst? Selig sind doch diejenige, denen das Leben keine weiteren Herausforderungen stellt! Stellt sich da nicht unweigerlich das Bild von den Kanonen und den Spatzen ein? Und damit dann basta? Die Partei der Arbeit warnt davor, über lächerliche Vorstösse nur einfach zu lachen. Es geht immer um mehr: nämlich um viel, wenn das Wir der Rechtschaffenen immer wieder neue Feindbilder und neue Bedrohungen braucht – und damit immer neue Mittel der Kontrolle und Abschreckung. Die Partei der Arbeit fragt Sie: Wie viel Kontrolle braucht eine offene Stadt und wie viel Abschreckung verträgt eine offen Gesellschaft?
Der Vorstoss der GLP will uns glauben machen, wir lebten in der besten und bald wohl auch saubersten aller Welten – wenn nur diese Störenfriede von Kontrolle und Abschreckung in die Zange genommen werden könnten. Wer aber die Sorgen, Nöte und Ängste vieler Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt ernst nimmt, muss widersprechen: Teure Mieten, horrende Kosten für die Krankenversicherung, steigender Druck am und Angst um den Arbeitsplatz, Verunsicherung bei der Altersvorsorge – da lässt sich mit einer Räuber- und Poli-Mentalität à la Köder-Vorlage rein überhaupt nichts ausrichten. Aber wer hätte denn bei der Bekämpfung gesellschaftlicher Missstände im Ernst auf Grünliberal gesetzt? Dieser Lack ist ab.
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 24. Januar 2013