Personalreglement der Stadt Bern vom 21. November 1991 und Reglement über den Lohn, die Nebenbeschäftigungen und die Parlamentstätigkeit der Mitglieder des Gemeinderats vom 6. März 2008; Teilrevision (Abstimmungsbotschaft); 1. Lesung
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 15.3.12
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein: Das gilt für Festreden – z.B. zu so schönen Themen wie Nachhaltigkeit. Aber hier geht es offensichtlich um Ernsthafteres. Wobei: Wer spricht denn überhaupt noch von Brot? Auch bei den aktuell ach so brutal gedeckelten Toplöhnen dürfte es doch zu dem einen oder anderen Cüpli reichen. Was ist dann aber mit der in anderen Zusammenhängen immer so wortreich gepriesenen Berner Lebensqualität geschehen? Erweist die sich etwa auch als Folklore fürs Fussvolk, während es für die wertvollen Kader und ihre politischen Vorgesetzten dann schon andere und auch handfestere Argumente und Anreize braucht? Diese Form von Zweiklassen-Rhetorik und Spaltung der Lohnpolitik lehnt die Partei der Arbeit rundum ab.
Wir brauchen uns selber und den Bürgerinnen und Bürgern ja überhaupt nichts vorzumachen: Die angestrebte Teilrevision steht einzig und allein im Dienst der Spitzenverdienste – mit einigen Zückerchen für schon heute besser Verdienende. Dass dabei die Lohnschere zwischen dem geringsten Gehalt und den neuen Spitzenlöhnen sich vergrössert, wird nicht bloss vom Gemeinderat mehr als billigend in Kauf genommen. Die Partei der Arbeit kann das nicht akzeptieren und fordert Sie deshalb auf, dieses Geschäft an den Gemeinderat zurückzuweisen mit dem Auftrag, eine Teilrevision des Personalreglements auszuarbeiten, die eine maximale Lohnschere von 1 zu 4 zulässt, wobei für alle Angestellten der Gemeinde der Lohn-Besitzstand vom 1.1.2012 garantiert ist.
Wir sind realistisch: Noch selten sahen wir eine hartnäckigere Front, noch selten eine wildere Verbindung unterschiedlichster Argumente. Da werden doch wahrhaftig die Sparpakete und der damit verbundene Verzicht auf Reallohnerhöhungen für die städtischen Angestellten ins Feld geführt – um die Privilegierung der höheren und Spitzengehälter zu legitimieren. Da werden „Vorteile auch für kleinere Einkommen“ beschworen, was dann im Klartext heisst: ab Lohnklasse 20! Da soll eine „Moderate Vergrösserung der Lohnschere von 4.8 auf 4.95“ im Stil von Aldi-Preisen für eine gute Stimmung sorgen – wobei allerdings die Löhne für den Gemeinderat bei dieser Rechnung elegant ausgeklammert werden. Man rechne: 255‘357 Franken für den Stadtpräsidenten dividiert durch den Minimallohn von 47‘500 Franken: Das ergibt eine neue Lohnschere von 1 zu 5.38!
Bei solcher Desinformation und Mogelei gibt es nur eins: Dem Begehren nach immer mehr Einkommen für Privilegierte muss ein Gegengewicht antworten: die Anhebung der unteren Einkommen. Ein solches Ziel wird am besten angepeilt über die Verringerung der Lohnschere. Aus diesem Grund schlägt die Partei der Arbeit vor, das Geschäft an den Gemeinderat zurückzuweisen mit dem Auftrag, einen Vorschlag zu erarbeiten, der eine maximale Lohnschere von 1 zu 4 nicht überschreitet.
Im Rahmen der seit längerer Zeit teilweise hitzig geführten und auch mit vielen Ressentiments beladenen Diskussion über die Abschaffung des Lohndeckels von 200‘000 Franken für Spitzenbeamte und Gemeinderat erachten wir den Vorschlag für eine maximale Lohnschere von 1 zu 4 als nicht nur moderat, sondern auch als vernünftig – und zwar im Sinne einer Versachlichung und als ein vorwärts gerichtetes Signal für gegenseitigen Respekt und Solidarität in einer Stadt, die dank Qualifikation, Leistung und Wertschätzung aller Angestellten blühen soll. Lebensqualität entwickelt sich genau in diesem Klima, in das alle Angestellten der Stadt Bern sich einbezogen wissen. Mit der Rückweisung der vorliegenden Teilrevision des Personalreglements öffnen wir uns eine Perspektive, die alle Angestellten der Stadt Bern einbezieht. Alle.
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 15. März 2012