Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 2. Februar 2012
Dringliche Motion Henri-Charles Beuchat (CVP), Roland Jakob (SVP): Einleitung eines Exmissionsverfahrens gegen die Mieter der Reithalle
Wie kippe ich einen Volksentscheid? Oder besser doch: gleich mehrere? Nein: nicht mit der Brechstange – das käme im Berner Stadtrat nicht gut an, solch ungehobeltes Vorgehen muss man sich für den Grossen Rat aufsparen.
Für gesittete Leute gilt als die 1. Regel: Mit vielen kleinen Nadelstichen lässt sich der Weg ebnen und der Schlussangriff vorbereiten – peu à peu.
Regel Nummer 2: Suche dir Verbündete, lass sie ruhig ihr eigenes Süppchen kochen und ihre Eitelkeiten pflegen. Wenn sie schliesslich aufwachen sollten, wird es eh zu spät sein. Merke: Die politische Moral solcher Mitmacher lebt davon, erstens mal von nichts gewusst und zweitens es so dann doch nicht gemeint und gewollt zu haben.
Halte den Topf am Kochen – und nicht nur, wenn es Wahlen ins Haus schneit. Denn mit dieser Regel Nummer 3 wirst du bei kaum einem Thema in Verlegenheit geraten und immer das letzte Wort behalten. So funktioniert die Logik politischer Hegemonie für Dummies.
Regel Nummer 4: Überrumple dann alle – auch deine flaueren Verbündeten: Sprich aus, was deine Sache ist, benenn klar und brutal den heissen Brei. Und riskier damit vielleicht sogar einen kleinen Rückschlag – dein Klartext wird einschüchtern und die Schlussoffensive vorbereiten. In dieser Phase sind wir mit der Dringlichen Motion von CVP und SVP angekommen.
Und genau gemäss dieser Dramaturgie ist die Demontage der Reitschule bisher inszeniert worden – seit jener grün-freien Motion Mozsa gegen die Basisdemokratie. Aus diesem Grund mutet es ja auch mehr als befremdlich an, wenn genau diese politische Ecke – sorry: Mitte – sich über die ewige Wiederkunft des Themas mokiert und uns mit Standard-Antworten droht. Wer bisher so fleissig mitgezündelt hat, wird sich so einfach nicht aus der Verantwortung stehlen können, wenn nun das grobe Geschütz aufgefahren wird. Überhaupt scheint sich das als der Hauptcharakter der selbstdeklarierten Mitte herauszustellen: Nennen Sie es nun politische Amnesie oder Verrenkung – bei diesem Wenden der Hälse wäre das ja auch kein Wunder!
Mit der vorliegenden Dringlichen Motion hat das Trauerspiel seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Dieser offene Schulterschluss zwischen CVP und SVP schafft aber auch Klarheit. Vorbei ist das lächerliche Gezänk um Flaschen, Mehrweggebinde und Torschliessung. Der CVP/SVP-Vorstoss geht aufs Ganze. Es ist Zeit, Farbe zu bekennen: für oder gegen die Reitschule. Die Zeit der Halbherzigkeiten ist vorbei.
Ich frage Sie: Ist das kulturelle Leben Berns nicht tief geprägt von Querdenkerinnen und Querschädeln? Von Unangepassten und Unbequemen? Von Aufmüpfigen und Abweichenden? Und ist Bern mit ihnen nicht gut gefahren? Wer will uns denn jetzt wirklich einen Kulturkampf aufdrängen, bei dem es garantiert keine lachenden Sieger geben wird? Wer aber nichts unversucht lässt, das Projekt Reitschule zu sabotieren, wird sich noch die Augen reiben.
Die Partei der Arbeit steht voll und ganz hinter der Berner Reitschule. Die ständigen Angriffe auf die Reitschule fügen der Berner Kultur schon jetzt einen sehr grossen Schaden zu. Damit muss endlich Schluss sein.
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 2. Februar 2012