Motion Fraktion GLP (Claude Grosjean, GLP):
Transparenz schaffen – Parlamentsarbeit verwesentlichen!
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 1.Sept. 2011
So etwas von überflüssig! Das hat sich wie ein Reflex beim Lesen der vorliegenden Motion eingestellt. Dann bin ich mir aber über den eigenen Mund gefahren: Solch ein Urteil steht mir nicht zu, steht niemandem von uns zu, wenn es um eine politische Antwort auf einen politischen Vorstoss geht. Solche Reflexe atmen gerade den Geist der Motion GLP. Und es ist genau dieser Geist, den die PdA Bern mit dieser Motion zurückweist.
Was sich Stadträtinnen und Stadträte und ihre Wählerinnen und Wähler auch alles ausdenken mögen: Es steht hier im Rat jeweils zur Diskussion und darüber wird jeweils befunden. Basta! Und das war doch bisher auch Konsens. Demokratischer Konsens – schien mir – oder das sollte es zumindest sein. Und eben genau in dieser Auseinandersetzung, in diesem politischen Streit stellt sich heraus, was für die Beteiligten wesentlich ist. Meine Meinung, meine politischen Interessen sind nicht wesentlicher – sie sind häufig anders als die der Mehrheit. Und dazu stehe ich. Zu beidem. Und dafür kämpfe ich: dass beides möglich ist – und möglich bleibt.
Der Motionär ist fasziniert von der Idee des Ranking, fasziniert von einer eigenartigen Form der Objektivierung. Sind das wohl etwa schon die Folgen und Nebenwirkungen von Pisa und Bologna: dieser Traum, über Quantifizierung das Heil zu finden? Mir graut vor solchen Perspektiven – nicht erst seit dieser Motion. Mir graut vor ihren absehbaren Folgen, wenn es dann heisst: Die da redet zu oft und zu viel und der da redet zu langsam! Das kostet: Zeit und Geld – Sitzungsgeld! Haben wir schon bald die Stoppuhr im Nacken?
Die Motion wird geritten von einem Effizienzdenken, das in gewissen geschäftlichen Zusammenhängen berechtigt sein mag. Demokratie ist jedoch eine Verkehrsform, die nicht im Business aufgeht. Demokratie kostet: Zeit und Geld. Zeit für die Debatte und Geld – und zwar genau dann, wenn nicht nur das Grosse Geld das Sagen haben soll. Genau das verstehen wir unter demokratischer Transparenz – genau das ist uns wesentlich.
Die PdA Bern lehnt die Motion ab: grundsätzlich. Fahren wir uns gegenseitig an den Karren, tragen wir den Streit der Meinungen und Interessen offen aus. Riskieren wir lockeres Mundwerk und lose Zungen. Akzeptieren wir, dass hier drin unterschiedliche Sprachen gesprochen werden, dass Un- und Missverständnis häufiger sich einstellen als Konsens. Aber stellen wir die Legitimation für den parlamentarischen Streit nicht infrage. Die Motion ist nicht überflüssig. Sie ist transparent: Sie lässt eine Tendenz durchblicken, die im Wesentlichen unser demokratisches Selbstverständnis trifft. Dagegen wehren wir uns. Lieber Motionär: Überlassen Sie es doch uns und unseren Wählerinnen und Wählern zu entscheiden, was denn wirklich wesentlich ist.
Rolf Zbinden, PdA Bern, 1. September 2011 pdf