Stadtfest 2013; Kredit
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 1.Sept. 2011
Bekanntlich soll man die Feste feiern, wie sie fallen. Und wenn sie denn nicht fallen wollen, dann zieht man sie halt an den Haaren herbei – oder eben an Seilen und in Ketten wie weiland den Bären: jenen Jungbären, den die eidgenössischen Truppen nach der Schlacht von Novara 1513 den Franzosen abluchsten. Ist doch ein nettes Geschichtchen! So ganz nach dem Gusto der Jöö-Fraktion.
Auf diese Weise wird Geschichte zu einem Sammelsurium von Episödchen, aus dem man sich frei bedienen kann, je nach den aktuellsten Bedürfnissen der Eventkultur. Wen kann es unter solchen Umständen noch erstaunen, wenn jeder Anspruch auf die Entfaltung historischer Zusammenhänge bachab geschickt wird, wenn der Wert von geschichtlichem Bewusstsein für das gesellschaftliche Selbstverständnis sich im Rummel verflüchtigen soll? Der Gemeinderat liefert uns in seinem Vortrag wahrlich eine bemerkenswerte Lektion! 1513:
Das zu feiernde Datum fällt nun aber just zusammen mit dem Höhepunkt der eidgenössischen Expansionspolitik. Da ist sich die Zunft der HistorikerInnen einig. Da spielten die Eidgenossen am Vorabend der Reformation im Bund mit dem Papst im europäischen Konzert auf, machten sich in Mailand breit, marschierten im Burgund ein und belagerten Dijon. Um das alles nachzulesen, brauchen wir gar nicht erst auf Robert Grimm zurückzugreifen. Das steht auch im Standardwerk „Die Geschichte der Schweiz und der Schweizer“, das sich verabschiedet von der „Sehnsucht nach einem Imperialismus, der sich so wenig mit den authentischen Interessen einer kleinen Nation vereinbaren lässt und gegen dessen Versuchungen sich schon Niklaus von Flüe gewandt hatte.“
Wer Novara 1513 sagt, kann 1515 nicht verschweigen: Am 13. und 14. September standen sich da 20 000 eidgenössische Krieger und 30 000 Mann im Dienst des französischen Königs gegenüber. 22 000 Tote waren das Resultat dieses „Kampfs der Riesen.“ Zumindest an dieses Datum dürften sich einige noch aus Schultagen erinnern: Es war die Schlacht von Marignano, die als eigentlicher Wendepunkt der eidgenössischen Aussenpolitik gilt – hin zu einer Haltung, wie sie Niklaus von der Flüh in der neutralitätspolitischen Maxime vorformuliert hatte: „Mischt Euch nicht in fremde Händel“.
Es gäbe gerade aktuell genügend Gründe, sich dieser Zusammenhänge und dieser Worte zu erinnern. Aber mit dem Berner Stadtfest 2013 will der Gemeinderat gerade das Gegenteil feiern: den Bären als Kriegsbeute! Für eine solche Veranstaltung der Geschichtsklitterung – ja: der Geschichtsverblödung – Steuergelder aufzuwerfen, ist in den Augen der PdA Bern nicht nur verfehlt; es ist ein eigentlicher Skandal, wenn eine Stadtregierung solche geschichtlichen Akzente setzt. So krass kann sich nur verhauen, wer Eventitis an die Stelle von Geschichtsbewusstsein setzt.
Die PdA Bern lehnt jeden Kredit für ein solches Bärenfest 2013 ab. Wer sich keinen geschichtlichen Bären aufbinden lassen will, wird sich uns anschliessen. Wir feiern keine militärischen Handstreiche. Zu feiern gilt es nur das friedliche Zusammenleben der Völker und Nationen. Diese Lektion hat die Alte Eidgenossenschaft schon bald nach 1513 gelernt. Und daran lassen wir auch vom Gemeinderat nicht rütteln! Da hört für uns der Spass auf und jeder Sauglattismus!
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 1. September 2011 pdf