„Innovatives Wohnen“: Etikettenschwindel im Holligen-Quartier!

Planung Holligen (Zonenplan und Überbauungsordnung); Abstimmungsbotschaft
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 17. März 2011

Da reden alle auf einmal von bezahlbaren Wohnungen – zumindest für Familien des stark umworbenen Mittelstands. Ich lese aber bloss immer und immer wieder: Durchmischung. Soziale Durchmischung. Nein: Stimmt nicht ganz. Nicht, wenn es um Waldstadt Bremer geht. Oder um Schönberg-Ost. Aber schliesslich heisst es dort doch: „Hier wächst Berns Zukunft“.

Da reden alle auf einmal von baulicher Verdichtung – zumindest für Quartiere, in denen eh schon recht dicht gewohnt wird. Niemand kann behaupten, Holligen würde verdichtetes Bauen nicht kennen. Wir wehren uns dagegen, dass die betroffenen Bevölkerung jetzt als verwöhnter Kasper verhöhnt wird: „Diese Suppe ess ich nicht!“

Da reden alle auf einmal von Nachhaltigkeit – sogar jene, die gewöhnlich der unsichtbar lenkenden Hand des Marktes blind vertrauen. Und gleichzeitig lassen diese Kreise nichts unversucht, den Schutz von Wohnraum auszuhöhlen. Solange wir befürchten müssen, dass Wohnraum von Büros gefressen wird, ist jede Rede von Nachhaltigkeit – wie sie in der Abstimmungsbotschaft ausufernd beschworen wird – unehrlich und schadet letztlich dem Anliegen: die Stadt wirklich nachhaltig zu entwickeln. 

Aber wird denn da in der Abstimmungsbotschaft zur Planung Holligen nicht mit günstigem Wohnraum argumentiert? Ist doch eine schöne und gute Sache! Ich muss dann aber im Vortrag des Gemeinderats leider auch lesen: „Für die in der Überbauungsordnung zu verankernde Pflicht, Wohnungen mit einfachem Standard zu erstellen, fehlt der Stadt die Regelungskompetenz.“ Das macht ratlos. Nicht nur mich. Denke ich. Und noch ratloser werde ich, wenn ich daran denke, dass vor noch gar nicht so langer Zeit hier im Stadtrat Motionen abgeschmettert worden sind, die einen verbindlichen Auftrag zum Bau günstiger Wohnungen festschreiben wollten.

Für die PdA Bern ist somit die Sache klar: Solange keine Garantie für die Planung und den Bau kostengünstiger Wohnung geliefert werden kann, lehnen wir Zonenplanänderungen wie im vorliegenden Fall ab. Die Stadt soll attraktiv sein. Das nehmen wir ernst. Aber nicht nur attraktiv für gut und sehr gut Verdienende.

Wie attraktiv ist Bern-Holligen denn heute? Grünflächen, Familiengärten, Freiräume – da haben wir doch eine „Art Room-Sharing“, wie es in der Abstimmungsbotschaft so schön angepriesen wird! Und genau dem soll es jetzt mit der Zonenplanänderung an den Kragen gehen. Schluss damit: Das ist laut Gemeinderat bloss „Gewohnheitsrecht“. Und wir wissen doch, wie es den Gemeinderat davor graust. Gegen dieses Gewohnheitsrecht hilft etwas immer: Rotation. Rotation der Bevölkerung – wie sie im Gäbelbach getestet wird, wie sie für Söckacker Süd in Planung ist. Rotation: Schöngeredet zu sozialer Durchmischung.

Aber da gibt es doch für das Holligen-Quartier noch das Zückerchen: den Stadtpark. Damit sich die Leute doch so schön begegnen können im Quartier. Und sollte das schon heute der Fall sein – gar dank den im Gewohnheitsrecht besetzten Familiengärten –, dann –? Dann ist das für den Gemeinderat erstens kein Argument. Und zweitens muss so etwas heute doch geplant und strukturiert und immer mal wieder evaluiert sein. Für so etwas braucht es doch Profis. Wir erwarten schon einen saftigen Projektkredit „Bewirtschaftung Stadtpark“. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir das einfach der Bevölkerung überlassen würden?

Die Zonenplanänderung Holligen setzt falsche Weichen. Wenn Berns Zukunft wachsen will, dann sind wir auf die lebendigen Erfahrungen der Quartierbevölkerung angewiesen: auf ihren kreativen Umgang mit dem knappen Raum, mit unterschiedlichen Geschichten und Gewohnheiten. Die PdA Bern sagt ja zu diesem lebendigen Quartier. Deshalb lehnen wir die Zonenplanänderung ab. Heute Holligen. Morgen Stöckacker Süd. Übermorgen: ? Da braucht es: Widerstand! Die Ablehnung der Planung Holligen ist ein erster wichtiger Schritt.

Rolf Zbinden, PdA Bern, 17. März 2011

Planung Holligen: Ja: 63 / Nein: 8 pdf