Postulat Rolf Zbinden (PdA): Einen Platz für Samuel Henzi, geboren 1701 in Bümpliz, hingerichtet 1749 in Bern, Schriftsteller, Demokrat, Revolutionär
Entgegnung der PdA Bern auf die Antwort des Gemeinderats, 20.5.2010
Historisches Bewusstsein ist etwas sehr Diffiziles, weitaus diffiziler als sich das die Fans nationaler oder lokaler Andachtsbilder vorstellen können. Weder ist es mit dem Stammeln einzelner Ortsnamen und Jahreszahlen getan, noch mit dem Basteln von Säulenheiligen, deren irdisches Wandeln von jeglichen Anfechtungen verschont geblieben ist. In diesem Sinn ist und bleibt die Titulierung von Samuel Henzi als „Berner Che Guevara“ (Der Bund, 15.7.09) ein Unsinn, auch wenn er in Anführungszeichen gesetzt wird. Solcher Unsinn mag gut in gewisse Zeitungsspalten passen – mit dem Postulat der PdA hat er rein gar nichts zu tun.
Historisches Bewusstsein ist auch etwas Fragiles, weil es mit den Widersprüchen einer Vergangenheit auch die Widersprüche der Gegenwart aushalten muss. Geschichtliche Bühnen sind geprägt von Brüchen, Stolpersteinen und Fussangeln. Samuel Henzis Leben war geprägt durch biographische Brüche; er stolperte nicht nur über Steine die ihm Andere in den Weg gelegt hatten; und gelähmt haben ihn sowohl die Krähenfüsse, welche von der Obrigkeit ausgestreut worden waren, wie auch jene seiner Mitverschworenen.
Historisches Bewusstsein ist etwas Faszinierendes, weil es uns im kritischen Blick auf die Vergangenheit für unsere eigenen Beschränktheiten, Versäumnisse, aber auch Chancen zu sensibilisieren vermag. Dafür sollte es auch im öffentlichen Raum der Stadt Bern Platz haben: mit einem Platz für Samuel Henzi. Seine gnädigen Herren Richter und Henker sind bis auf den heutigen Tag tief – sehr tief – in dieser Stadt verwurzelt: in Stadtplan, Stadtbild und Grundbuch. Mit dem Philosophen Walter Benjamin können wir konstatieren: „Wer immer bis zu diesem Tag den Sieg davontrug, der marschiert mit in dem Triumphzug, der die heute Herrschenden über die dahinführt, die heute am Boden liegen.“
In diesem Sinn erfüllt die Forderung nach einem Platz für Samuel Henzi genau die Regeln des Gemeinderats für Strassenbenennungen, „wonach Strassen nur dort neu benannt werden, wo sich konkrete Bedürfnisse nach Adressen oder zur Orientierung ergeben.“ Wo in dieser Stadt ist denn Orientierung notwendiger als an jenem Ort, der für Paul Klee zu unfein ist? Als auf diesem Keil, der Gericht, Gefängnis, Drogenanlaufstelle, Carparkplatz und Reitschule einander gegenüberstellt?
Dass der Gemeinderat unser Anliegen „durchaus anerkennt“ – führt jetzt aber wirklich bei niemandem zu glänzenden Äuglein und übertriebenen Hoffnungen. In der Regel bedeutet diese Formel in einem Prüfungsbericht: Schifflein versenkt! Dieser Prüfungsbericht ist daher abzulehnen. Und wenn es denn sein muss gehen wir zurück auf Feld Nr. 1 – und widmen Samuel Henzi 261 Jahre nach seiner Hinrichtung durch die Obrigkeit dieser Stadt eine Motion: Platz für Berns verdrängte Geschichte!
Rolf Zbinden, PdA Bern, 20.5.2010
Das Postulat wird erheblich erklärt.