Verpflichtungskredit für die Jahre 2010 bis 2011 sowie Nachkredit zum Globalbudget 2010
Intervention der PdA Bern an der Sitzung des Stadtrats vom 8.4.10
Wenn ich den Vortrag des Gemeinderats lese, dann glaube ich zu verstehen, was eine echte Win-win-Situation sein könnten – für den Gemeindesrat und seine schärfsten Gegner aus dem bürgerlichen Lager. Und mir wird erschreckend deutlich bewusst, wie sich innerhalb weniger Jahre hinsichtlich der Sozialhilfe einiges geändert hat: und zwar nicht etwa an der Peripherie, sondern ganz zentral und wesentlich. Mit den Testarbeitsplätzen wird dieser Entwicklung jetzt noch das Sahnehäubchen verpasst.
Sie mögen jetzt je nach Gusto und politischer Opportunität darauf hinweisen, dass es nur um ein Pilotprojekt und nur um 10 Arbeitsplätze geht; dass diese Chose lastenausgleichsberechtigt ist; dass es nur jene treffen soll, die zum Kreis der immer schon Verdächtigen gehören. Wenn Sie so argumentieren, dann stimmen Sie einem Unterfangen zu, mit dem Sie mehr als eine Vertrauensbasis untergraben – und dies äusserst nachhaltig! Sie werden sehen: Unter dieser Massnahme werden nicht nur Sozialhilfe Beziehende leiden – mit diesem Projekt diskreditieren Sie auch gleich noch das Kompetenzzentrum Arbeit und das ContactNetz. Und auch das muss gesagt sein: Diese Einrichtungen diskreditieren auch sich selbst, wenn sie Hand bieten zur Umsetzung dieser zynischen Operation.
Und dieses Pilotprojekt ist zynisch – davon zeugt schon sein Name: Testarbeitsplätze, TAP. Den Begriff werden wir samt der niedlichen Abkürzung unter den Unworten des Jahres wiederfinden. Und wenn ihn eine sozialdemokratische Sozialdirektorin unbedingt ihrem Palmares hinzufügen will, dann hat das zumindest den Vorteil klarzustellen, wer denn da welche Interessen vertritt. Testarbeitsplätze – ein Hohn für alle, die um ihren Arbeitsplatz bangen, und für alle, die auf die Strasse gesetzt worden sind, die eine Arbeit suchen, welche ihren Fähigkeiten entspricht! Arbeit wird zu einer Versuchsanordnung, zu einem Laborinstrument, um Unterwerfung zu testen. Wo sind denn die geblieben, die bei jeder Gelegenheit den Wert und die sinnstiftende Qualität von Arbeit hochhalten?
Mit dem Pilotprojekt TAP tappt da aber niemand ganz naiv ins Fettnäpfchen. Das hat System in unserem System! Der konzertierte Angriff auf alle Formen sozialer Sicherung und Solidarität ist zu offensichtlich, zu offensichtlich der Angriff auf die da unten – während sich die Bankrotteure schon wieder selbstgefällig die Hände reiben und Extraprofite einstreichen! Ja: Das hat System! Der Druck auf Sozialhilfe Beziehende, auf all jene, die aus der Erwerbsarbeit hinausgedrängt worden sind und somit ausser Lohn stehen – dieser Druck transformiert sich direkt und indirekt in Druck auf alle Arbeitenden, auf alle, die nur über ihre Arbeitskraft verfügen, und besonders auf die Lohnabhängigen der unteren Einkommensklassen. So weit zur Sinnfrage!
Und wer soll es denn nun richten? Das Kompetenzzentrum Arbeit und das ContactNetz. Das ist wahrlich noch einmal eine Geschichte für sich! In der Selbstdarstellung des Projekts Citypflege ist wörtlich zu lesen: „‘Citypflege‘ ist ein integrierter Bestandteil des Massnahmenpakets, das die Task Force im Zusammenhang mit der Verkleinerung der Drogenszene in der Stadt Bern beschlossen hat.“ Und daraus werden jetzt im Hosenlupf-Verfahren diese Testarbeitsplätze gezaubert. Und damit werden sowohl Drogenabhängige wie Sozialhilfe Beziehende aufs Kreuz gelegt! Zum Motivationsschub, der sich bei den AbsolventInnen des Kompetenzzentrums Arbeit unweigerlich angesichts der Einrichtung von solchen Testarbeitsplätzen unter der Regie ihrer Ansprechs- und Bezugspersonen einstellen wird – zu dieser Perspektive dürfen Sie ruhig Ihre eigenen Phantasien entwickeln.
Dabei gäbe es wahrlich genug zu tun. Und sicher wäre es für alle Beteiligten sinnvoll, wenn sich die erwähnten Institutionen voll auf ihr Kerngeschäft und ihre Kernkompetenzen konzentrieren würden, anstatt sich sich einem Pilotprojekt zu verschreiben, dessen Ziel und Zweck sich in Kontrolle und Schikane erschöpft.
Ziel und Zweck der Testarbeitsplätze werden vom Gemeinderat unmissverständlich formuliert: Es geht darum, renitente BezügerInnen von Sozialhilfe nicht nur mit der gesetzlich festgelegten Reduzierung der Sozialhilfe zu bestrafen – sondern sie aus der Sozialhilfe hinauszudrängen. Das haben wir nun schwarz auf weiss. Diese Aushebelung der gesetzlichen Grundlagen der Fürsorge sollten wir uns auch von einer sozialdemokratischen Sozialdirektorin nicht gefallen, nicht schönreden lassen. Sie werden nicht darum herum kommen, Farbe zu bekennen!
Und eine erste Antwort kommt am 1. Mai: von Arbeitenden, Gewerkschaften, Arbeitslosen, Armutsbetroffenen – und zwar gemeinsam!
Rolf Zbinden, PdA Bern, 8.4.10
Abstimmung unter Namensaufruf:
Ja: 48 / Nein: 13 / Enth.: 8