Lohngerechtigkeit bei Angestellten der Stadt Bern: eine notwendige Annäherung

Motion Rolf Zbinden (PdA): Lohngerechtigkeit bei Angestellten der Stadt Bern: eine notwendige Annäherung
Entgegnung der PdA Bern auf die Antwort des Gemeinderats, 25.3.10

Dass wir uns von Anfang an richtig verstehen: Hier geht es nicht ums Skandalisieren. Hier schreit niemand: Haltet den Dieb! Hier geht es um Solidarität. Unsere Motion richtet sich nicht gegen einen stossenden Missbrauch, sie richtet sich vielmehr aus nach legitimen Bedürfnissen und realistischen Möglichkeiten. Und dabei halten wir an der Überzeugung fest, dass Gerechtigkeit und Solidarität zu menschlichen Grundbedürfnissen gehören, die auch durch die wildesten Raubzüge des Grosskapitals bislang nicht ausgerottet werden konnten. Ja, vielleicht im Gegenteil.

Und es freut uns natürlich zu hören, dass die Stadt Bern schon heute zu den Arbeitgebern gehört, die mit einer vergleichsweise geringen Lohnschere auskommen – unter dem Diktat eines Volksentscheids auch auskommen muss. Wir brauchen uns hier also nicht mit den Scheren aus dem Horrorkabinett des realexistierenden Kapitalismus zu beschäftigen, bei denen noch den strammsten Aposteln der Leistung die Spucke wegbleibt. Wir diskutieren hier also nicht astronomische Verhältnisse wie die 1:720 bei Novartis – wir reden von einer realistischen, moderaten, sinnvollen Angleichung: von 4.8 : 1 zu 3 : 1. Dass die höchsten Löhne ein Dreifaches der städtischen Mindestlöhne nicht überschreiten: Das hat nichts mit Gleichmacherei zu tun, sondern mit realpolitischem Augenmass.

Wer für die Gemeinde Bern arbeitet, soll in dieser Stadt auch anständig leben können. Ja, die Stadt Bern trägt hier bezüglich der untersten Lohnklassen sogar eine Verantwortung, die den Kreis ihrer eigenen Angestellten weit überschreitet. Und wer das Dreifache eines anständigen Lohnes verdient – das Dreifache: Wie sollten nicht auch diese Angestellten über einen anständigen Anreiz verfügen, sich für diese Stadt beruflich zu engagieren! Wir haben eine hohe Achtung für die Arbeiten, die im Interesse der Stadt, im Interesse ihrer Bevölkerung geleistet werden. Wir haben eine hohe Achtung vor all diesen notwendigen Arbeiten, wo sie auch immer geleistet werden, ob im warmen Büro oder auf den vereisten Strassen, ob am Computer oder auf dem Lastwagen, ob nach oder vor Sonnenaufgang: Ein Annäherung der Löhne anerkennt diese ihre Leistung – und ehrt uns alle.

Unsere Motion ist nicht nur ökonomisch durchaus sinnvoll, weil sie die Konsumkraft der unteren Einkommensklassen anhebt. Sie ist auch politisch sinnvoll, bezeichnet sie doch eine genuin politische Position jenseits von Neid und Habgier – politisch im ursprünglichen Sinn: als das Gemeinwesen betreffend. Die Motion ist nicht utopisch – sie ist nicht im Niemandsland angesiedelt, sondern mitten in dieser Stadt, in der wir leben. Sie ist nicht utopisch, aber ein bisschen philosophisch: weil sie über den Tellerrand unserer alltäglichen Rechnereien hinweg einem Ziel ein konkretes Gesicht verleiht: dem gemeinsamen Ziel aller, die gemeinsam für dieses Gemeinwesen arbeiten. Eine Stadt, die solche Zeichen setzt – wie sollte die nicht attraktiv sein!

Wir können uns für die unteren Lohnklassen Lohnerhöhungen wünschen. Wir können die Geschenke an die, welche es wirklich zuletzt nötig hätten, skandalisieren. Wir können in Feierstunden die Solidarität hochleben lassen. Nützt es nichts – so kostet es auch nicht viel. Mit der Motion 1 zu 3 ist es aber ein bisschen anders, meint die PdA Bern. Mit dieser Motion haben wir die Möglichkeit zum Tatbeweis. Zu einem bescheidenen. Aber wer schon da nicht mitzieht… Wir haben die Wahl!

Rolf Zbinden, PdA Bern, 25.3.10