Stadtrat Bern
Motion Matteo Micieli (PdA), Raffael Joggi (AL)
Für eine soziale Wohnungspolitik – Mietzinsdeckel statt Luxussanierungen
Auftrag
Der Gemeinderat wird beauftragt, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um
- eine verbindliche Definition von bezahlbarem Wohnraum festzulegen
- in Zeiten von Wohnungsnot für Sanierungen, Umbau oder Abbruch und Ersatzneubau eine zusätzliche Bewilligungspflicht einzuführen
- vorzeitige Sanierungen und preistreibende Renovationen (Luxussanierungen) von bezahlbaren Wohnungen nicht mehr bewilligungsfähig zu machen
- einen Mietzinsdeckel nach Sanierungen einzuführen
- ein Rückkehrrecht nach Sanierungen für die Mieter*innen einzuführen
- die Vermieter*innen zu verpflichten, die Mietzinse der Vormieterschaft den Mietinteressierten zwingend anzugeben
Begründung
Die Mietpreise für Wohnungen in der Stadt Bern steigen kontinuierlich an. Gegenüber dem letzten Jahr, 2023, sind die Mieten um drei Prozent gestiegen, wie Statistik Stadt Bern in der Mietpreiserhebung 2023 vom 7. März 2024 gezeigt hat.1 Gleichzeitig sind gemäss der letzten Lohnstrukturerhebung des Bundesamt für Statistik die Reallöhne bei leicht steigenden Nominallöhnen 2022 um 1,9 Prozent gesunken.2 Es ist also notwendig, die Ziele, die die Stadt Bern in Art. 13 GO, Art. 1 des Reglements über Boden- und Wohnbaupolitik der Stadt Bern sowie als Ziel 3e der Stadtberner Wohnstrategie festhält auszubauen. Die Stadt Bern muss das Recht auf Wohnen anerkennen und notwendige Massnahmen umsetzen, damit Personen, die in der Stadt Bern wohnhaft und angemeldet sind, Wohnraum finden, der ihren finanziellenMöglichkeiten entspricht. Da auch die Stadtwohnungen von massiven Mietzinssteigerungen betroffen sind zeigt sich, dass es nicht zu reichen scheint, marktergänzend zu funktionieren, wie das der Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik festhält. Vielmehr müssen auch Lösungen gefunden werden, um den steigenden Mieten auf dem städtischen Immobilienmarkt gegenhalt zu bieten. Nicht zuletzt, weil in der Schweiz die realen Mietkosten die erwarteten Mietkosten massiv übersteigen. Wie eine Studie vom Büro BASS zeigt, sind die Mieten gemäss Mietpreisindex 36,2 Prozent höher angestiegen, als das aufgrund der «relevanten Kostenfaktoren gemäss geltendem Mietrecht» zu erwarten gewesen wäre.3 Allein im Jahr 2021 haben so Mieter*innen schweizweit 10,4 Milliarden Franken zu viel Miete bezahlt. Seit Messbeginn im Jahr 2006 bis zur Veröffentlichung der Studie 2021 haben so Mieter*innen in der Schweiz über 100 Milliarden Franken zu viel Miete bezahlt. Dem müssen wir etwas entgegensetzen.
Sanierungen sind grundsätzlich energetisch sinnvoll und notwendig. Damit einher gehen logischerweise auch steigende Kosten auf Seite der Mieter*innen. Der in der Stadt Bern immer kleinere Teil an bezahlbarem Wohnraum muss aber dennoch besser geschützt werden. Vorzeitige Sanierungen oder preistreibende Renovationen sollten deshalb stark eingeschränkt werden. Abgesehen davon, dass sie ökologisch schädlich sind, treiben sie die Mieten in der Stadt unnötig in die Höhe und verdrängen so einkommensschwächere Mietparteien, Familien und alleinerziehende Elternteile. Solche Verdrängungen durch Kündigungen und Mietzinserhöhungen müssen deshalb in der Stadt Bern kontrolliert werden. Eine sozialere Wohnpolitik ist dringend nötig, um Armut, prekären Lebenssituationen und der Verdrängung im Stadtraum entgegenzuhalten. Bauen allein reicht da nicht. Dies, zumal Neubauwohnungen fast immer einen höheren Mietzins zur Folge haben als bestehende Wohnungen und genossenschaftliche Wohnbauprojekte. Basel-Stadt macht es vor und hat eine Verordnung über den Schutz von Wohnraum beschlossen. So gilt in Zeiten von Wohnungsnot (in Basel bei einer Leerstandquote von ≤1,5%) für Sanierung, Umbau oder Abbruch und Ersatzneubau von Wohnraum eine zusätzliche Bewilligungspflicht mit Mietzinskontrolle. Falls die Mieter*innenschaft in dieser Zeit ausziehen muss, haben sie ein Recht auf Rückkehr in die sanierte oder umgebaute Liegenschaft. Die Mietzinsentwicklung wird dabei nach Sanierungen oder einem Umbau während fünf Jahren kontrolliert und durch einen maximalen Mietzinsaufschlag gedeckelt. Diese Bestimmungen gelten dabei für den geschützten bezahlbaren Mietwohnraum.4
Bern muss hier nachziehen!
1 https://www.bern.ch/themen/stadt-recht-und-politik/bern-in-zahlen/in_kuerze. Siehe auch Bund-Artikel vom 07.03.2024: https://www.derbund.ch/mietpreise-stadt-bern-wohnen-wird-immer-teurer-320533103639
2 https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/loehne-erwerbseinkommen-arbeitskosten.html
3 https://www.buerobass.ch/fileadmin/Files/2022/2022_MV_Entwl_Rend_Mietwhg_Studie_DE.pdf
4 https://www.regierungsrat.bs.ch/nm/2022-neue-wohnschutzbestimmungen-treten-per-28-mai-2022-in-kraft-rr.html
Bern, 14. März 2024
Erstunterzeichnende: Matteo Micieli, Raffael Joggi