Bieler Stadtratssitzung
Biel soll autofrei werden.
Radikal kann die Forderung höchstens im Sinne von gründlich überlegt bezeichnet werden.
Die Stadt Biel muss sich ernsthaft an eine zukunftsgerichtete Stadtplanung machen. Autos gehören nach wie vor zum Stadtbild. Die Nachkriegsgenerationen betrachteten das Auto als zukunftsweisendes Utensil. Mittlerweile müssen wir aber anderen Problemen begegnen, als einem stetigen Wachstum hinterher zu rennen.
Dringendes und rasches Handeln ist im Hinblick auf den Klimawandel unbedingt nötig.
Aber nicht nur das. Wenn wir uns die Stadt Biel mal genauer ansehen, müssen wir feststellen, dass vor allem Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status an stark befahrenen Strassen wohnen. Auf der anderen Seite können sich finanziell besser gestellte Menschen eine Wohnsituation leisten, die durch weniger Verkehr belastet ist. Gleichzeitig gelangen diese aber an ihren Wohnort, indem sie die unattraktiveren Viertel z.T. mit dem Auto queren müssen und damit auch zur Belastung der genannten Wohnsituationen beitragen.
Es geht in diesen Vorstoss nicht einfach darum, die Autos aus der Stadt zu verbannen, sondern eine ganzheitliche Stadtplanung voranzutreiben.
Alle sollen von einer umgestalteten Stadt profitieren. Keine oder zumindest weniger Autos erhöhen die Wohlbefindlichkeit aller. Die Lebensqualität wird erhöht.
Ein kleiner Blick über den Tellerrand lässt einen doch aufhorchen: Die Bürgermeisterin der Stadt Paris, Anne Hidalgo, verfolgt die Vision «de la ville du quart d’heure». Alltagsziele sollen in der Stadt innerhalb einer Viertelstunde erreicht werden. Dabei wird ganz klar der Langsam Verkehr gegenüber dem Motorisierten Individual Verkehr priorisiert.
Es gibt viele Argumente, die für eine Entlastung durch MIV sprechen. Nicht zuletzt auch der Sicherheitsaspekt.
Gegenargumente stellen sich immer wieder in stereotypischer Manier dar: verödete Städte, Gewerbetreibende, die Konkurs anmelden müssen, und einige mehr. Nicht zuletzt der Freiheitsgedanke, dass man sich das Auto nicht verbieten lassen will.
Apropos verödete Städte: gerade Innenstädte, die verkehrsberuhigt sind, erleben eine Belebung.
Zuletzt muss erwähnt werden, dass die, in die Wege zu leitenden Massnahmen im Rahmen eines partizipativen Prozesses stattfinden sollen. Niemand darf aussen vorgelassen werden. Sonst kann keine breite Abstützung in der Bevölkerung stattfinden.
In dem Sinne empfehle ich, die Intervention als Postulat zu überweisen. Und nicht abzuschreiben.»
Nach weiteren Beiträgen kam es zur Abstimmung. Und als kleiner Erfolg oder vielleicht als Etappensieg zu verbuchen ist, dass die Intervention als Postulat (und nicht abgeschrieben) überwiesen wurde. Knapp, mit 25 zu 24 Stimmen.
Die städtische Presse zückte darauf den Zweihänder und stellte den Vorstoss und dabei natürlich auch Nina und mich als völlig abwegig und utopisch dar. Und zeigte sich entrüstet, dass eine Mehrheit des Stadtrats Kommunisten und Jungsozialisten folgte…
Interessant. Oder?
Pesche Heiniger, Stadtrat PdA/POP Biel/Bienne