Stadtrat Bern
Motion Zora Schneider (PdA), Eva Gammenthaler (AL)
In der ersten Coronawelle mussten aufgrund der Massnahmen mehrere Treffpunkte für Menschen mit Suchtproblemen und Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Strasse kurzfristig geschlossen werden, weil die Räume die Anforderungen für die Distanzbestimmungen nicht erfüllten. Damit fielen essentielle Angebote der Stadt für Menschen in Notsituationen weg. Diese wurden durch solidarische Gruppen u.a. auf der Schützenmatte mit kostenlosen Essensausgaben ersetzt, die von sehr vielen Menschen notwendigerweise besucht wurden.
Die verbleibenden Essenausgaben der Stadt sind auch heute, in der zweiten Coronawelle, nicht mehr die gleichen. Die Stadt hat Kühlschränke installiert, die sie v.a. mit Sandwiches, z.T. aber auch mit anderen Lebensmitteln füllt. Diese sind aber nicht immer voll, wie die Motionärinnen festgestellt haben, sondern manchmal schon nach dem Mittag leer. Dies wird damit begründet, dass nicht alle Kühlschränke städtische Kühlschränke sind und dass sie sehr schnell geleert werden. In dieser offenbar überfordernden Corona-Notsituation gab es bei der Verwaltung eine Aufgabenumschichtung: PINTO nimmt heute mehr Aufgaben wahr als früher. Damit hat auch die repressive städtische Interventionsgruppe an Bedeutung gewonnen, weil sich PINTO gegenüber der Kantonspolizei wenig abgrenzt.
Es ist sehr störend, dass die Stadt Bern ihre sozialen Aufgaben in der ersten Coronawelle nicht wahrnahm und auch heute immer noch ein ungenügendes Essensangebot hat, wie es die Existenz der weiterbestehenden solidarischen Essenausgabe zeigt. Zwar betont die Stadt, wie «dankbar» sie sei, dass ihr fehlendes Engagement durch solidarische Gruppen aufgefangen wurde, aber Dankbarkeit ist in diesem Fall leider nicht ausreichend.
Kürzlich sprach der Gemeinderat einen einmaligen Betrag von 100’000 Franken für verschiedene Organisationen, um Nahrungsmittel für diejenigen zu beschaffen, die von der städtischen Essenausgabe nicht profitieren können. Das ist ein Eingeständnis, dass die städtischen Angebote nicht ausreichen.
Deshalb wird der Gemeinderat aufgefordert
- Dafür zu sorgen, dass es in jedem Stadtteil genügend Kühlschränke gibt und dass in den Kühlschränken zu jeder Tageszeit Essen zu finden ist.
- Eine detaillierte Strategie mit Massnahmen zu entwerfen, wer die Betroffenen der neuen Corona-Armut sind und wie sie unterstützt werden können.
- Die Aufgaben von PINTO wieder auf das vorhergehende Ausmass zu beschränken und für die neuen Aufgaben, für die PINTO eingesprungen ist, beim Stadtrat einen zusätzlichen Kredit einzuholen. Insgesamt ist ja davon auszugehen, dass die Aufgaben in der jetzigen Zeit eher zunehmen.
- Alle Regelungen abzuschaffen, die solidarische Essenausgaben im öffentlichen Raum illegalisieren oder erschweren, da die Stadt offensichtlich auf die Hilfe von freiwilligen Personen angewiesen ist, wenn es darauf ankommt.
Begründung der Dringlichkeit
Corona und die notwendigen Massnahmen zum Schutz der Gesundheit bedeuten für viele Menschen eine finanzielle und soziale Verschlechterung ihres Lebens, insbesondere für diejenigen Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Strasse haben oder mit Suchtproblemen zu kämpfen haben. Die Pandemie ist noch nicht vorbei: Die zweite Corona-Welle hat uns einen teilweisen Lockdown beschert und die neuen Corona-Varianten machen die Lage unübersichtlich. Daher ist es wichtig, dass essenzielle, existenzielle Aufgaben der Stadt in dieser Zeit sichergestellt sind.
Die Dringlichkeit wird vom Büro des Stadtrats abgelehnt.
Bern, 04. März 2021
Erstunterzeichnende: Zora Schneider, Eva Gammenthaler, Simone Machado
Mitunterzeichnende: Jemima Fischer