Das Autonome Jugendzentrum AJZ ist auf der Suche nach einer alternativen Lokalität für die Zeit des auf drei Jahre geschätzten Umbaus ihres Kultur- und Veranstaltungsraums Gaskessel. Das AJZ wurde von der Stadt Biel aufgefordert, ein Konzept für die Zwischennutzung an der Aarbergstrasse 72 hinter dem Bahnhof einzugeben. Gleichzeitig wurde den Mietern des X-Projects mitgeteilt, die Liegenschaft Aarbergstrasse 72 werde aufgegeben und sie müssten an den Rennweg 62 umziehen.
Der Grossteil der Mieter*innen des X-Projects will aber das Gebäude an der Aarbergstrasse nicht verlassen. Die Beteiligten entschieden sich, sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen und eine gemeinsame Lösung anzustreben. Dies führte zur Entstehung der Aktionsgruppe EnsembleStark/GemeinsamFort, bestehend aus dem AJZ und dem X-Project.
Nachfrage bleibt gross
In einem gemeinsamen Statement zuhanden der Finanzdirektion der Stadt Biel fordert die Aktionsgruppe auch die seit langem ausstehende Anerkennung für ihren Beitrag und ihre Leistungen für die Gesellschaft ein, der einen grossen Teil zur kulturellen Diversität der Stadt beitrage. Und das AJZ brauche eine Übergangslösung für seine Tätigkeiten bis zur Wiedereröffnung des Gaskessels. Die Kulturschaffenden des X-Project benötigten nicht einen Umzug, sondern zusätzlichen Raum am Rennweg 62, da in der Stadt Biel eine grosse Nachfrage nach weiteren solchen Räumlichkeiten bestehe.
Partizipation, Prävention, Integration
Im Jahr 2000 wurde per Volksabstimmung und der Erlaubnis der Stadt Biel das alte Swisscom Gebäude an der Aarbergstrasse 72 zur Eigennutzung freigegeben. Nach einer zweijährigen Umbauphase eröffnete das aus der Hip-Hop-Szene im Gaskessel entstandene neue Jugendkulturhaus unter dem Namen X-Project mit den Zielen Partizipation, Prävention und Integration. Angeboten werden Sport, Kunst, Grafik, Musik und soziokulturelle Projekte. 2014 wurde das X-Project von der Wochenzeitung Biel Bienne zum «Bieler des Jahres» gewählt. Dennoch verlangte die Stadt nur ein Jahr später, es müsse diesen für sie zentralen und optimalen Standort im Zentrum verlassen.
Immaterielles Kulturerbe
Das AJZ Biel blickt auf über fünfzig Jahre Geschichte zurück. Nach zähen und schwierigen Verhandlungen mit der Stadt und Druck von der Strasse erhielt die AJZ-Bewegung den ehemaligen Gaskessel, um darin ein Begegnungs- und Kulturzentrum einzurichten. Anfangs der 1980er Jahre bekam das AJZ die «Villa Fantaisie» hinter dem Gaskessel. Aktuell ist das AJZ Biel ein Netzwerk mit dem Mittelpunkt Gaskessel, bestehend aus vielen soziokulturellen Projekten wie Veranstaltungskollektiv «Plutôt Kaos», Gassenküche, Notschlafstelle «Sleep-In» und Zirkusschule «Zircologik». Es wurde 2017 auf die schweizerische Liste des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen. Die Räume der zum AJZ gehörenden Villa Fantasie an der Alexander-Schöni-Strasse 26 werden als Musikstudios, Sprayer- und Siebdruck-Ateliers und Autonome Schule genutzt.
Adé Villa Fantasie!
Nach der Wiedereröffnung des Gaskessels soll die Villa Fantaisie abgerissen, ihre Tätigkeiten sollen in den erweiterten Gaskessel verlegt werden. EnsembleStark/GemeinsamFort fordert die langfristige Zusicherung des Verbleibens am Standort Aarbergstrasse 72 für mindestens fünf Jahre. Die Standorte Aarbergstrasse und Rennweg werden gebraucht: «Kultureinrichtungen im Zentrum sind wichtig, um die vielfältige und interessante soziale Struktur dieser Stadt aufrecht zu erhalten», hält EnsembleStark/GemeinsamFort fest. «Diese aus dem Zentrum zu verdrängen wäre ein grosser Verlust für Biel als Kulturstadt.»
dab./ erschienen im vorwärts