Interpellation Zora Schneider (PdA): Struktureller Rassismus, seine Gegenwart und seine Geschichte in Bern – Wie begegnet ihm die Stadt Bern?

Stadtrat Bern

«Der Bund» vom 14.03.2019 berichtete über ein rassistisches Wandgemälde im Schulhaus Wylergut. Man hatte schon versucht, das Bild mit einem anderen zu überdecken, aber die Überdeckung hat sich wieder gelöst. Im Moment arbeitet wieder eine Gruppe von Lehrpersonen an einem Wandbehang, der das rassistische Bild verhüllen soll. Gemeinderätin Teuscher sagte auf die Medienanfrage, sie wolle sich das Schulhaus anschauen, hat die Schulleitung kontaktiert und will mit der Abteilung Kultur und der Denkmalpflege eine Lösung finden, um das Bild zu ersetzen. Teuscher ist sich nicht sicher, ob sich solche Darstellungen auch in anderen Schulhäusern finden. Sie hat der Presse mitgeteilt, dass sie bei den Schulleitungen nachfragen wird. Der Artikel verweist auch auf eine frühere Diskussion von 2014 rund um das Wappen-Symbol der
Berner Zunft zum Mohren. In der Folge beauftragte der Gemeinderat die Stiftung Cooperaxion damit, ein Inventar rassistischer Darstellungen in der Stadt Bern zu erstellen. Das Projekt «City- Mapping: Bern postkolonial» macht koloniale Spuren in der Stadt Bern mithilfe einer Webseite sichtbar und will damit zu einem besseren Verständnis von Geschichte und Gegenwart der Schweiz im globalen Kontext beitragen, so die Webseite von Cooperaxion. Bis im Mai 2019 werden Rechercheergebnisse geordnet, koloniale Spuren verortet, sortiert, Hintergrundtexte und ein Glossar erarbeitet und für eine Webseite aufbereitet, die dazu entstehen soll. Es ist also davon auszugehen, dass bis im Mai erste Rechercheergebnisse vorliegen. Das ganze Projekt soll im November 2019 abgeschlossen sein.

In einem Interview zum Wandbild im Wylergut hat sich auch Rohit Jain vom Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft ISEK, Geschäftsleiter «Institut Neue Schweiz», zu Wort gemeldet. Er sieht ein Problem darin, dass die Diskussionen um Rassismus oft nur entlang von Einzelfällen geführt werden, wie es im vorliegenden Zeitungsartikel auch der Fall war. Dabei gehe die übergeordnete Debatte völlig vergessen. Die Frage sei: «Wie lösen wir das strukturelle Problem, das den Rassismus begünstigt?»

Ich habe deshalb folgende Fragen an den Gemeinderat:

  1. Ist es richtig, das Wandgemälde nur zu überdecken, wenn sich schon die letzte Überdeckung wieder gelöst hat?
  2. Inwiefern sieht es der Gemeinderat als Aufgabe von einer «Gruppe von Lehrern», Lösungen für die Rassismusthematik in Form des Wandgemäldes zu finden?
  3. Welche Lösung hat Gemeinderätin Teuscher zusammen mit der Abteilung Kultur und der Denkmalpflege gefunden?
  4. Sind auch in weiteren Schulhäusern in Bern solche Bilder zu finden?
  5. Hat der Gemeinderat schon Zugang zum 2014 in Auftrag gegebenen Inventar rassistischer Darstellungen in der Stadt Bern der Stiftung Cooperaxion; wenn ja, wann wird er sie veröffentlichen? Wenn nein, wann erwartet er die Ergebnisse?
  6. Gibt es eine Möglichkeit, den Lehrerinnen und Lehrern wissenschaftlich erarbeitetes Material zukommen zu lassen, so dass sie das Thema struktureller Rassismus in den Schulen mit guter Grundlage thematisieren können?
  7. Mit welchen Mitteln ausser der Sensibilisierungskampagne durch die jährlich stattfindende «Aktionswoche gegen Rassismus» will der Gemeinderat strukturellen Rassismus erkennen und mit welchen Massnahmen will er ihn bekämpfen?
  8. Hat der Gemeinderat eine Strategie gegen den strukturellen Rassismus?
  9. Ist er sich auch des strukturellen Rassismus im Flüchtlingsbereich bewusst? Wenn ja, worin erkennt er ihn?

Bern, 21. Mai 2019
Erstunterzeichnende: Zora Schneider
Mitunterzeichnende: Tabea Rai, Angela Falk, Luzius Theiler