Motion Freie Fraktion AL/PdA/GaP (Tabea Rai, AL/Zora Schneider, PdA/Luzius Theiler, GaP)
Stadtratsitzung Bern vom 13. September 2018
Als wir auf der Schützenmatte ankamen, wurden wir ZeugInnen einer absurden und gleichzeitig provozierenden Szenerie. Inmitten der Schützenmatte, umringt von tanzenden und friedlich plaudernden BesucherInnen, postierten gut 20 PolizistInnen in Vollmontur, bewaffnet mit Gummigeschossen. Auf die Frage, wieso sie hier seien, antwortete einer der Polizisten sehr unklar. Er wisse nicht genau, was vorgefallen sei, er habe die Durchsage nur halb verstanden und wäre auch lieber nicht hier. Auslöser muss ein Sanitätsnotfall gewesen sein, währenddessen es zu Auseinandersetzungen gekommen sei. Nachdem es während circa einer Stunde zu keinen (grösseren) Zwischenfällen kam, kam auf die Frage, wieso sie denn nun immer noch hier stünden (fernab jedweder Deeskalationsstrategie) keine Antwort mehr.
AugenzeugInnen bestätigten unabhängig voneinander, dass Anwesende die Polizei vor Mitternacht mündlich aufforderten, den Platz wieder zu verlassen. Nach dieser Aufforderung war die Kantonspolizei innert Minuten mit einem halben Dutzend Kastenwagen und mindestens 30 PolizistInnen vor Ort. Die Polizei schoss, nachdem sie (von einer Aussenperspektive vom Neustadtlab aus) circa eine Stunde auf die erste fliegende Flasche richtiggehend gewartet hatte, Gummigeschosse auf Kopfhöhe ab. «Die schossen auf alles, was sich irgendwie bewegte», sagte ein schockierter Augenzeuge. Die Polizei eskalierte die Situation mit physischer Gewalt und verletzte dutzende Menschen. Es kamen Gummigeschosse, Pfefferspray und Tränengas zum Einsatz. Betroffene mussten im Spital versorgt werden. Zudem verhaftete die Polizei mehrere BesucherInnen. Pikanterweise fiel BesucherInnen und MitarbeiterInnen von Reitschule und NeustadtLab deutlich vor Mitternacht auf, dass in der Hodlerstrasse mehrere Kastenwagen parkiert waren. Diese kommen normalerweise bei Grossveranstaltungen wie Demonstrationen zum Einsatz. Das legt den Verdacht nahe, dass die Polizei eine Intervention bei der Reitschule geplant hat und eine Eskalation provozieren wollte.
Der Gemeinderat wird mir vorliegender Motion aufgefordert:
Beim Regierungsrat eine aufsichtsrechtliche Anzeige nach Artikel 101 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG; BSG 155.21) einzureichen, um eine kantonale Untersuchung zu erwirken.
Begründung für die Dringlichkeit
Der Einsatz fand vor knapp zwei Wochen statt, eine Untersuchung muss rasch an die Hand genommen werden, damit sie noch Sinn ergibt.
Die Dringlichkeit wird vom Büro des Stadtrats abgelehnt.
Bern, 13. September 2018
Erstunterzeichnende: Tabea Rai, Zora Schneider, Luzius Theiler
Mitunterzeichnende: Angela Falk, Rahel Ruch, Mohamed Abdirahim, Ursina Anderegg, Katharina Gallizzi, Lea Bill