Asylsozialhilfe-Kredit Kanton Bern

Für ein Ja zum Wohl der schutzbedürftigen Kinder

Bieler Stadtratssitzung
Dringliches Postulat Judith Schmid, PdA Biel

Eine rechte Allianz, angeführt von der SVP, gefährdet mit dem Referendum gegen den Asylsozialhilfe-Kredit die kindergerechte Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden. Am 21. Mai muss nun das Berner Stimmvolk über den Kredit abstimmen.

Ein karikierter junger Mann liegt auf einer zur Hängematte umfunktionierter Schweizer Fahne. Sichtlich entspannt, in der rechten Hand einen Drink, in der linken Hand ein Heft mit der Aufschrift „Asyl“, im Mund eine Zigarre, wird er berieselt von Banknoten. Mit dieser Zeichnung, pietätlos wie immer, waren die Absender des Unterschriftenbogens, der letzten Herbst in zahlreiche Briefkästen im Kanton Bern flatterten, klar: Eine Allianz von SVP und JSVP des Kantons Bern sowie der „Bund für Steuerzahler“ ergriffen das Referendum gegen den vom Kantonsparlament genehmigte Kredit von 105 Millionen Franken für die Asylsozialhilfe 2016–2019. Im Januar 2017 überreichte die rechte Allianz der Staatskanzlei in Bern 14000 gültige Unterschriften. Nun muss das Berner Stimmvolk am 21. Mai über den Asylsozialhilfe-Kredit abstimmen. 
Der Kredit ist nötig, um die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden im Kanton Bern zu gewährleisten. Die Kinder werden in spezialisierten Wohnheimen, in betreuten Wohngemeinschaften oder bei Pflegefamilien untergebracht. Damit wird den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Kinderschutz Rechnung getragen. „Eine Betreuung in dieser Form ist für die gesunde Entwicklung sowie für die nachhaltige Integration der Kinder sehr wichtig“, erklärt Daniela Enzler von der Gesellschaft Zentrum Bäregg (ZB) in Bern. Die ZB wurde 2013 im Auftrag des Migrationsdienstes des Kantons Bern gegründet und ist für die Gewährung der Asylsozialhilfe, die Unterbringung und die Betreuung von allen unbegleiteten Minderjährigen, die Asyl beantragt haben und dem Kanton Bern zugewiesen wurden, zuständig. Sie ist nicht gewinnorientiert und allfälliger Überschuss fliesst in die Kasse des Kantons zurück.

Zurzeit leben rund 340 unbegleitete asylsuchende Kinder im Kanton Bern. Sie sind zwischen null und siebzehn Jahre alt und haben zum Teil traumatisierende Kriegs-, Flucht- und Verlusterfahrungen gemacht. Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden sie alle langfristig in der Schweiz bleiben. „Mit den Strukturen der ZB haben wir die Möglichkeit, die Minderjährigen nach ihrem individuellen Bedarf zu Betreuen und zu Fördern. Jedes Kind hat ab dem Eintritt in unsere Strukturen bis zum Austritt eine Bezugsperson“, so Enzler.

Dass diese Kinder eine andere Betreuung als Erwachsene brauchen, liegt auf der Hand. Anders sieht dies die SVP: Für sie ist die Betreuung und die Unterbringung basierend auf der Kinderrechtskonvention eine „Luxuslösung“. Mit dem Slogan „Nein zu zusätzlichen 105 Asylmillionen“ weibelt sie für eine Ablehnung des Kredits an der Urne am 21. Mai. Dass es sich nicht um einen neuen Kredit handelt, verschweigt sie. Die Strukturen der ZB bestehen seit 2013 und wurden auch über das kantonale Budget mitfinanziert. Der Kredit muss also lediglich erneuert werden.

Die Betreuung der Minderjährigen kostet rund 170 Franken pro Tag und Kind. „Das ist nicht viel. Andere Strukturen zur Vollzeitbetreuung kosten rund das Doppelte“, sagt Enzler.
Mit der Bundespauschale von knapp 37 Franken pro asylsuchende Person kann aber nicht mal einen Viertel des benötigten Betrags gedeckt werden. Damit steht der Kanton Bern nicht alleine da: Auch in anderen Kantonen muss die Bundespauschale mit einem kantonalen Kredit ergänzt werden.

Was passiert, wenn der Kredit am 21. Mai abgelehnt wird, ist unklar. Klar ist, dass die Kinderrechtskonvention vor 20 Jahren von der Schweiz unterzeichnet wurde und eingehalten werden muss. „Ob die ZB ihre Betreuungsstruktur bei einer Ablehnung des Kredits aufrecht halten könnte, wissen wir aber nicht“, so Enzler.

Derzeit wirbt ein breites Spektrum an Parteien für ein Ja am 21. Mai: Von der PdA bis hin zur BDP wird der Kredit befürwortet.

Biel 5. Mai 2007