Dringliche Motion Fraktion GLP
Wortmeldung von Daniel Egloff (PdA)
Der Gemeinderat hält am Paradigma der „unternehmerischen Freiheit“ der EWB fest und will damit dem Stadtrat ein Einmischen in die Tarifstrukturen untersagen. In Wahrheit geht es doch einfach um die Garantie eines sehr günstigen Stromangebots durch die EWB. Wenn die EWB ihre Preise für das günstigste Stromangebot erhöhen müssten, könnten die grossen energiehungrigen Unternehmen zu einem anderen Anbieter wechseln, was den EWB einen herben Umsatzrückgang brächte. Dabei verliert die Stadt so oder so. Macht sie mit der Energiewende vorwärts, kostet sie das viel Geld – macht sie nicht vorwärts, muss sie weiterhin die Risiken tragen und wird schlussendlich viel Geld für die Folgekosten ausgeben müssen.
Gegen günstige Stromkosten ist natürlich nichts einzuwenden, die Frage ist nur: günstige Tarife für wen? Gerade für Menschen, die knapp rechnen müssen, ist es wichtig, tiefe Stromtarife anzubieten. Man muss übrigens auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn man das günstigste Stromangebot in Anspruch nimmt, wird doch der Atomausstieg schlussendlich so oder so durch Steuern finanziert werden. Das bedeutet nichts anderes, als dass wir alle sowieso mitzahlen werden. Wenn man jedoch den grossen Unternehmen günstige Stromtarife anbietet und dann gleichzeitig noch die Steuern für Unternehmen und Gutverdienende reduzieren will, geht die Rechnung letztlich zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung!
Das Problem beim aktuellen Stromtarifmodell ist, dass es so tut, als wäre der Atomstrom billig und die anderen Methoden zur Stromgewinnung teuer. Es suggeriert etwas, was nicht stimmt. Würden nämlich die Atomkraftwerke ihre tatsächlichen Kosten berechnen (inkl. Rückbau des Kraftwerks, Versicherungen, Entsorgung des Abfalls), wäre der Atomstrom nicht mehr so günstig. Dies auch an die Adresse von denen, die meinen, die Energiewende sei nicht notwendig und sie mit der Behauptung bekämpfen, Atomkraftwerke seien ja ein günstiger und sicherer Stromlieferant.
Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass rein statistisch gesehen, bei einer Wahrscheinlichkeit von einem grossen Unfall in 10 000 Jahren pro Atomkraftwerk und 430 weltweit existierenden Atomkraftwerken, sich alle 24 Jahre ein Gau ereignen wird. Im Gegensatz zu jeder SVP-Statistik entspricht diese Berechnung der Anzahl Unfälle, die sich bisher tatsächlich ereignet haben. Davon auszugehen, dass es die Schweiz nicht treffen wird, ist mehr als naiv, gerade wenn man bedenkt, dass es mit Lucens in der Schweiz schon einmal einen grossen atomaren Unfall gegeben hat.
Man argumentiert mit der individuellen Freiheit des Einzelnen und will es jedem überlassen, welchen Strom er oder sie beziehen will. Dabei vergisst man, dass die Auswirkungen der gesamten individuellen Entscheide uns alle betreffen werden! Das mit den AKWs verbundene Risiko wie auch die Auswirkungen von Kohlekraftwerken betreffen alle und können nicht verglichen werden mit den Folgen davon, ob die Mehrzahl der Leute sich in ihrer individuellen Freiheit einen roten oder blauen Pullover kaufen.
Natürlich wird ein atomarer GAU wiederum diejenigen am meisten treffen, die wenig haben und jene am wenigsten treffen, die am meisten besitzen. Während sich die globale Bourgeoisie einfach ihre Karten neu mischt, werden wir als Fussvolk hier mit den Auswirkungen leben müssen. Darum ist das Kapital durchaus interessiert am aktuellen Modell des günstigen Stroms für eine hohe Rendite, verbunden mit dem Risiko, das von der Allgemeinheit getragen wird.
Es stören mich zwei Punkte an den gemeinderätlichen Antworten auf die Motion und die Interpellation.
1. Warum erliegt der Gemeinderat der neoliberalen Ideologie und schiebt die „unternehmerische Freiheit“ in den Vordergrund? Warum ist er nicht einfach ehrlich und steht dazu, dass es die EWB und schlussendlich die Stadt viel Geld kosten würde, wenn man für den Strom die tatsächlichen Kosten verrechnen würde, die die Atomkraftwerke verursachen? Ein solcher Wechsel in der Berechnungsmethode wäre doch einfach ein Schritt in Richtung dahin, die wahren Kosten der Enegieproduktion auszuweisen.
Man erhält man den Eindruck, als ginge es dem Gemeinderat vor allem darum, das Parlament daran zu hindern, bei der Gestaltung der EWB-Tarife mitzureden.
2. Wie oben erwähnt, suggeriert das aktuelle Tarifmodell etwas, was nicht ist, nämlich, dass Atomstrom günstig sei und Ökostrom teuer. Und wenn dann in der gemeinderätlichen Antwort steht, dass der Ökostrom dank dem Atomstrom günstiger sein soll, ist das reine Augenwischerei, was der Energiewende nicht dient.
Wir werden der Motion zustimmen, weil die Energiewende vorangetrieben werden muss, damit der Ausstieg aus dem Atomstrom so schnell wie möglich erfolgt. Schon nur bis 2019 zu warten mit dem Ausschalten des AKW Mühleberg ist ein Risiko, welches nicht vertretbar ist. Hoffen wir einfach, dass bis dann nichts passiert! Wir fragen uns aber auch, was wohl bei diesen vom Gemeinderat geplanten „notwendigen vertieften Abklärungen“ herauskommen wird? Wir machen uns da keine grossen Illusionen und gehen davon aus, dass sich kaum etwas ändern wird. pdf