Aus dem Stadtrat
An der Sitzung des Berner Stadtparlamentes vom 21. Mai 2015 bezog der neue PdA-Stadtrat Daniel Egloff entschieden Stellung gegen die Vorlage zur Teilrevision des Stadtrats-Reglementes. Unter dem Vorwand, den Ratsbetrieb „effizienter“ zu gestalten, will das Parlament seine eigenen Rechte einschränken! Leider stimmte eine Mehrheit der StadträtInnen (inklusive die Fraktionen von SP, GB-JA und GFL!) für Eintreten; die Vorlage geht nun in eine 2. Lesung.
Hier das Votum von PdA-Stadtrat Daniel Egloff zu diesem wichtigen Geschäft
Beim Durchlesen der Vorlage zur Teilrevision des Geschäftsreglementes des Stadtrats sticht sofort das Wort Effizienz ins Auge. Der Begriff der Effizienz kommt aus dem kapitalistischen Produktionsprozess und steht für die Wirtschaftlichkeit, d.h. ist wichtig für die Gewinnmaximierung. Und dies wird nun auf den Ratsbetrieb übertragen. Ergibt dieser Effizienzgedanken in einem Parlament Sinn? Wir produzieren hier keine Gipfeli, sondern machen Politik. Das Ziel eines Parlaments ist es, zum besten gesetzlichen Rahmen zu gelangen. Dies bedeutet, dass möglichst viele zu Wort kommen und dass auch Minderheiten genügend Möglichkeiten haben, sich zu artikulieren und dass man sich die nötige Zeit nimmt, den Angelegenheiten auf den Grund zu gehen. Dies verträgt sich überhaupt nicht mit dem kapitalistischen Effizienzgedanken, der hier propagiert wird. Nach der Logik dieser Vorlage geht es nur darum, möglichst schnell zu Beschlüssen zu kommen. Das ist eine Pervertierung der Idee der Politik!
Zudem ist in der Vorlage eine Gewichtsverschiebung in Richtung Exekutive zu beobachten. Eine Entwicklung, welche dem Zeitgeist entspricht und ebenfalls eine Konsequenz der genannten kapitalistischen Logik ist. Mit anderen Worten: Wenige Personen haben immer mehr Entscheidungsgewalt. Dies kratzt stark am Minderheitenschutz und ist tendenziell undemokratisch.
Wir lehnen ebenso die geplante Redezeitverkürzung ab. Auch Parteien und Einzelpersonen, die eine Minderheit repräsentieren, müssen genügend zu Wort kommen. Eine Redezeitbeschränkung ist deshalb schon grundsätzlich problematisch. Anträge in einem Parlament müssen ja gut begründet werden können, wenn es darum geht, die Mehrheit von Argumenten einer Minderheit zu überzeugen!
Behandlung der Geschäfte Art. 47
Mit der Priorisierung von Sachgeschäften wird das politische Gewicht vom Stadtrat in Richtung Gemeinderat verschoben. Zudem führt dies dazu, dass andere Geschäfte nach hinten auf die lange Bank geschoben werden. Offenbar sind unsere Anliegen (nämlich diejenigen des Stadtrates) weniger wichtig als diejenigen des Gemeinderates. Aber wie verträgt sich dies mit dem Grundgedanken eines demokratischen Systems? Eigentlich müssten die Anliegen der StadträtInnen genau so wichtig sein (Stichwort: Gewaltentrennung), wie diejenigen des Gemeinderates. Die Legislative sollte ja den Rahmen vorgeben und die Exekutive sollte ausführen und nicht umgekehrt.
Gang der Beratung Art. 50 Abs. 2
Und wiederum ein Punkt für den Gemeinderat. Er hat immer das letzte Wort und danach darf nichts mehr kommen. Es muss unbedingt möglich sein, dass ein Ratsmitglied noch etwas richtigstellen kann bzw. auf eine Aussage eines Mitgliedes eines Gemeinderates reagieren kann.
Ordnungsanträge Art. 51. Abs. 5.
Warum soll das Mitglied des Gemeinderates noch sprechen dürfen, wenn sonst niemand mehr darf? Macht dies den Ratsbetrieb effizienter? Nein: Auch hier geht es um eine Verschiebung der Kompetenzen von der Legislative zur Exekutive. Wenn schon niemand mehr sprechen darf, dann auch nicht der Gemeinderat!
Redezeitverkürzung Art. 53a
Eine Redezeitverkürzung liegt immer im Interesse der Mehrheiten und richtet sich gegen die Interessen der Minderheiten. Ist ja auch interessant, dass sich grosse Fraktionen von Rot-Grün in der Vernehmlassung dafür ausgesprochen haben!
Offensichtlich hat sogar die Aufsichtskommission des Stadtrates hier ein Unbehagen verspürt, wenn sie als Kompromiss eine Reduktion der Redezeit von 10 auf 5 Minuten statt auf 3 Minuten vorschlägt. Eine Halbierung der Redezeit geht aber immer noch zu weit. Die PdA ist für die Beibehaltung der aktuellen Rechte der Stadtratsmitglieder.
Die ganze Vorlage ist eigentlich eine Selbstkasteiung des Parlaments zugunsten der Exekutive und ein Abbau an Demokratie. Da die Zahl der pendenten Geschäfte offenbar immer noch zunimmt, müsste die Fragestellung ja anders lauten, nämlich: Braucht es mehr Zeit, um alles zu behandeln? Braucht es regelmässigere Sitzungen (z.B. eine Rückkehr zum wöchentlichen Sitzungsrhythmus, wie sie der Stadtrat früher gekannt hat)? Aber diese naheliegenden Überlegungen werden im vorliegenden Papier nicht einmal angestellt! Eine Anekdote zu diesem Geist: Eines der ersten Mails, welches ich vom Ratssekretariat erhielt, war die Absage der geplanten Reservesitzung.
Daniel Egloff, Partei der Arbeit Bern, 21. Mai 2015 pdf