Diskussion aus aktuellem Anlass:
Wie geht es politisch und juristisch weiter am Centralweg?
Intervention der PdA an der Stadtratssitzung vom 30.10.2014
Statt schicker Baumzimmer ein Scherbenhaufen. Statt Luxuswohnungen eine Brache. Statt heimlicher Mittelstandssubventionierung die offene und breite Forderung nach bezahlbarem Wohnraum. Etwas Besseres hätte uns in der Lorraine und in der ganzen Stadt nicht passieren können. Niemand mit einem Rest an politischem Verstand und sozialer Fantasie wird noch davon ausgehen können, dass dieses Projekt je realisiert wird. Wer aber unbeirrbar am Projekt festhält, blockiert nur die Suche nach konstruktiven Lösungen und verschleudert Gelder, welche für einen sozialen städtischen Wohnungsbau sehr dringend gebraucht würden. Wer mit dem Brecheisen gegen einen Stadtratsbeschluss und gegen den Widerstand im Quartier vorgeht, der setzt sich dem Verdacht aus, eigene Interessen und eigenes Unvermögen zu kaschieren.
Konsens dürfte darüber herrschen, dass einiges schief gelaufen ist – und zwar nicht erst, als das Geschäft in den Stadtrat gekommen ist. Viele sind in diese Fehlplanung verstrickt und hätten schon bei der Jurierung darauf kommen sollen, dass da das falsche Projekt für den falschen Ort gewählt worden ist. Die Blendung durch dieses Leuchttürmchen liess auch viele Mitglieder dieses Rats stolpern und hilflos stottern: Wer A sagt, muss auch B sagen! Noch wird niemand auf seine Versäumnisse behaftet. Das kann sich aber noch ändern. Sie haben es in der Hand. Denn noch nie war der Zeitpunkt besser, um ein bisschen schlauer zu werden und sich mit den Bedürfnissen der Quartierbevölkerung in der Lorraine und mit dem ABC sozialen Wohnungsbaus vertraut zu machen.
„Hier baut die Stadt Bern“: Wem daran liegt, dass dieses Label nicht noch vollends zur Lachnummer wird, bietet jetzt Hand zu einem neuen Projekt, das den Bedürfnissen des Quartiers gerecht wird. Der städtische Fonds als Gentrifizierungs-Turbo: Diese Vorstellung mag zwar so recht nach dem Gusto des Restfreisinns sein – im Quartier wird das aber nicht geschluckt. Es ist wirklich höchste Zeit, dass sich der rotgrün dominierte Gemeinderat und das ganze Spektrum von RGM daran erinnern, welche Stadt sie ihren Wählerinnen und Wählern versprochen haben. Dabei wird der Centralweg zum Lackmustest. Mit billigen Phrasen zur sozialen Durchmischung wird in der Lorraine kein Blumentopf zu gewinnen sein.
Bern braucht bezahlbare Wohnungen. Bern braucht eine Wohnbaupolitik, die Verantwortung übernimmt und nicht bloss delegiert oder gar abstösst. Bern braucht auch einen Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik, der diesen Namen wirklich verdient und der nach langen Jahren der sozialpolitischen Desorientierung in der städtischen Wohnpolitik endlich Kurs nimmt auf die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum.
Der Baumzimmer-Flop kann eine Chance sein für einen im Quartier breit abgestützten Neuanfang. Oder aber das Baumzimmer wird endgültig zum städtebaulichen Kotzbrocken. Aussitzen ist eine sehr gefährliche und teure Option. Um den Centralplatz kommt niemand herum. Um die Bevölkerung in der Lorraine kommt niemand herum.
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 30. Oktober 2014 pdf