VERNETZTE LÖSUNGEN STATT TECHNOKRATISCHER MEGAPROJEKTE!

Tram Region Bern: Ausführungskredit (Abstimmungsbotschaft)
Intervention der PdA an der Stadtratssitzung vom 19. Juni 2014

Grössere Verkehrsprojekte haben es so an sich, dass sie sich häufig nicht nur umsetzungstechnisch sehr komplex gestalten können, sondern auch ganz unterschiedlichen Interessen gerecht werden müssen. Und die Sache wird sicher nicht unbedingt einfacher, wenn verschiedene Player mit im Spiel sind und ihren finanziellen Anteil mit ihren sehr dezidierten Vorgaben verknüpfen.

Wir haben das erlebt beim Insel-Bus, der von seiner extern verordneten Route partout nicht abweichen durfte. Wir haben es auch erlebt bei der Diskussion um eine alternative Tramachse durch die Innenstadt, die für den Gemeinderat lange Zeit ein Ding der Unmöglichkeit war. Doch gerade dieser Fall zeigt auch auf, dass sich eine gewisse Hartnäckigkeit hier im Stadtrat durchaus auszahlen kann. Und unter dieser Hoffnung steht für die Partei der Arbeit auch die heutige Debatte: eine Lösung zu finden, die den Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht – und nicht technokratischen und gross-technologischen Erfordernissen. 

Die vorliegende Abstimmungsbotschaft des Gemeinderats spricht da eine deutliche Sprache: dass halt nicht sein kann, was nicht sein darf! Optimale Nutzung bestehender infrastruktureller Ressourcen? Fehlanzeige! Flexible Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsmittel? Reden wir nicht davon! Eine Vision für die Zukunft? Nein: die lineare Fortschreibung der alten Logik auf den Routen der Vergangenheit! Unter diesen Umständen verkommt dann Information zu Verkaufsrhetorik, Diskussion zu Agit-Prop – oder schlicht zum Werbe-Reisli mit Apéro.

Ist es da noch ein Wunder, wenn die Argumentation so flexibel angepasst wird, dass niemand mehr wissen kann, wo der Kopf ihm steht? Mal sollen die Alleebäume weg, weil sie stören, dann weil sie ja sowieso krank sind, dann aber doch nicht alle – und vor allem nicht einzelne. Da wird betont, die Tramlinie 9 bis zum Guisan-Platz sei überhaupt nicht überlastet – eine Weiterführung Richtung Ostermundigen wäre dann aber irgendwie doch ein pures Unding, als sei der Guisan-Platz schon inventarisiert worden als UNESCO-Weltkulturerbe.

Einige PolitikerInnen mögen das Projekt Tram Region Bern so verinnerlicht haben, dass sie sich am running gag von den acht beleibten Passagieren pro Quadratmeter kaum sattlöffeln können – und dass Gegnerinnen des Tram-Projekts von ihnen als psychisch gestört abgestempelt werden. In dieser Situation ist Durchstarten und die Fixierung auf die dead line vom 28. September eine sehr gefährliche Option. Wer wünscht sich schon den Baubeginn unter Polizeischutz? Mag ein Abstimmungsergebnis sich auch mit einer Propagandawalze präparieren lassen – Probleme werden so nicht aus der Welt geschafft.

Besonnenheit tut not – und eine Auslegeordnung unter Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten. Der Rückweisungsantrag von Luzius Theiler weist da den Weg. Die Partei der Arbeit fordert eine Verkehrspolitik, die auf die Bedürfnisse der Quartierbevölkerung zugeht und die gewachsene Struktur von Quartieren mit Respekt behandelt. Blinder Mobilität ist schon sehr viel geopfert worden. Gefordert sind flexible Lösungen unter Ausschöpfung der bestehenden Infrastruktur von Tram, Bus und Bahn. Das ist im Verbund von Ostermundigen, Bern und Köniz immer noch möglich. Nutzen wir die Chance und weisen wir das unflexible Megaprojekt Tram Region Bern hier und heute zurück!

Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 19. Juni 2014 pdf