Nein Parole der Partei der Arbeit des Kantons Bern zur Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht»

Die PdA des Kantons Bern hat an ihrer Mitgliederversammlung mit nur einer Gegenstimme die Nein-Parole zur GSoA-Initiative beschlossen, welche die Abschaffung der Wehrpflicht fordert. Die Partei der Arbeit hat die Vorlagen der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee sonst immer unterstützt. Warum jetzt auf einmal nicht? Selbst die GSoA sagt, um den bürgerlichen Argumenten, welche das Ende der Armee befürchten, den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass es nicht um die Abschaffung der Armee geht. Und genau deswegen ist die PdA dagegen. Weil es wahr ist, weil die Abschaffung der Wehrpflicht die Abschaffung der Armee wirklich noch unwahrscheinlicher macht. Die Abschaffung der Wehrpflicht bedeutet nicht einen Schritt hin, sondern einen Schritt weg von der Abschaffung der Armee. Die Berufsarmeen von USA und den EU-Staaten rüsten auf, die CH-Miliz rüstet ab. Dementsprechend würde die Armee bei Annahme nicht günstiger. Das hat schon Wilhelm Liebknecht vor 120 Jahren ausgerechnet im Vergleich der preussisch geprägtenen, ständischen Armee Deutschlands zur Milizarmee der Eidgenossenschaft.

Armee unter die Gesetze des Kapitalismus stellen? Nein danke!
Eine «Freiwilligenmiliz» ist eine Illusion. Wer will den freiwillig eine Pflicht ausüben? Es käme unweigerlich zu einer Professionalisierung (und Automatisierung mit teurer und noch unmenschlicheren Robotik wie z.B. Drohnen). Man müsste den Soldaten mehr Geld bezahlen, ihnen Privilegien geben etc. Sie müssten angeworben werden mittels Werbespots, Kampagnen auch an Schulen, wie in einigen Ländern schon gehandhabt, mangels Rekrutierten. Vor allem Jugendliche ohne Perspektive schlügen dann diesen Weg ein. Somit würde es den Soldaten, wenn sie den Wehrdienst zum Beruf machen müssen, auch in Friedenszeiten ums Überleben gehen, sprich um ein Einkommen, um den Lebensunterhalt. Solche Soldaten haben ganz andere Interessen, als unwillige Zwangseingezogene, die es dann nicht mehr gäbe. Auch der Widerstand für Einsätze für den Bonzenschutz am WEF in Davos oder früher den Botschaftsschutz wären noch kleiner, die Armee könnte noch mehr Repressalien auffahren, weil die Soldaten es ja freiwillig machen, sie gehen können, gegangen werden können usw. Ebenso würde im Volk das Interesse an der demokratischen Kontrolle über die Armee schwinden, weil es bei weitem nicht mehr soviele betreffen würde.

Imperialistische Kriege
Der Trend um uns herum läuft ganz klar hin zu Berufsarmeen. Doch eine andere, erschreckende Tendenz, die damit einher geht, ist auch auszumachen: Deutschland, Italien und Frankreich z.B. nehmen vermehrt an Auslandseinsätzen teil. Afghanistan, Irak, Libyen wurden oder werden bombardiert – und bald Syrien. Der Widerstand gegen die Kriege ist in den USA lächerlich im Vergleich zum Widerstand gegen den gegen Vietnam damals. Denn wer sich für die Armee entscheidet, weiss, was er für ein Risiko eingeht. Die Angehörigen der Toten wissen es auch. Mit Berufsarmeen ist es viel einfacher, Krieg zu führen, Auslandeinsätze zu rechtfertigen etc. Eine Miliz muss man zuerst aufbieten, eine Berufsarmee hingegen ist ein stehendes Heer. Einen professionellen Auslandeinsatz kann man nicht mit einer Milizarmee aus Amateuren bestreiten.

Professionalisierung heisst Angriff (und nicht mehr reine Verteidigung)
Man sieht aber schon jetzt diese Entwicklung auch in der Schweiz. Hier wurde die Möglichkeit eingeführt, den Dienst als Durchdiener abzuleisten. Nur durch solche Massnahmen wurde es möglich, Auslandeinsätze wie im Kosovo einzuführen. Wir sind gegen Einsätze im Ausland. Die Schweizer Armee hat mit ihren über 200 Swisscoy-Soldaten in den KFOR-Truppen der Nato im Kosovo nun wirklich nichts verloren. Die GSoA will, vielleicht nicht bewusst, aber sie macht es, die Armee kompatibel mit denen der Nato-Nachbarländer machen, und damit fit für den Krieg. Da sind wir dagegen. Eine Milizarmee taugt nicht wirklich für Krieg im Ausland, aber ist die beste Armee, wenn es um Verteidigung geht. Bei der Berufsarmee ist gerade das Gegenteil der Fall. Sie ist die schlechtere Lösung für Verteidigung, jedoch die bessere für den Angriff. Das wollen wir nicht. Eine Verteidigung braucht es zwar im Moment auch nicht, denn Diktatorengelder und Steuerhinterziehungsvermögen auf Schweizer Banken sind nicht verteidigungswürdig, wie das die Bürgerlichen meinen.

Was die Geschichte uns lehrt
Heute am 11. September vor genau 40 Jahren gab es in Chile einen Putsch von Augusto Pinochet und seinen Schergen vom CIA gegen die demokratisch gewählte, sozialdemokratisch-kommunistisch-christdemokratische Regierung von Salvador Allende. Er hatte durch seine soziale Politik die eigene Oberschicht und die der USA verärgert und leider die Armee vernachlässigt, weswegen er gestürzt wurde. Auch wir in der Schweiz wären nicht mehr von Freunden umzingelt, wenn das Schweizer Volk mal wieder gegen die Mächtigen aufbegehren würde: wie früher, wie vor 360 Jahren unter anderem das Emmental im Bauernkrieg von 1653, oder vor 215 Jahren mit der Helvetischen Revolution 1798 die Untertanengebiete – auch wieder gegen die Herrschaft der Patrizier, welche im Kanton dann erst 1832 und in der Schweiz vor 165 Jahren, also 1848, besiegt worden sind. Doch gänzlich hinweggefegt wurden sie am Schluss nicht. Und noch schlimmer, es machen sich heutzutage wieder Refeudalisierungstendenzen breit, nicht im Adel, aber im Grossbürgertum.

Es bilden sich wieder feudale Strukturen
Die Schere zwischen Arm und Reich ist grösser als vor der Französischen Revolution. Demokratische Rechte werden wieder geschmälert, Räte verkleinert, Milizstrukturen wie die Geschworenengerichte wurden abgeschafft. Überall stehen die Zeichen auf Professionalisierung statt auf Demokratisierung. Die Tempel werden nun nicht mehr für die Kirchen oder Adlige gebaut, sondern für Banken und Banker. Die Einführung der Wehrpflicht und die Abgabe von Waffen war bis 1848 eine fortschrittliche, linksliberale Forderung. Denn früher hatten die Herren von Bern und ihre Armee die Waffen – die sie dann nur bei bedarf z.B. den Simmentalern gaben, um damit die aufständischen Emmentaler, die französischen Befreier etc. zu bekämpfen. Wollen wir wirklich wieder feudalistische, kasernierte, stehende Heere? Wir sind auf dem besten Weg dazu: Die Dienstzeit wurde mit der Armee XXI zwar verkürzt, aber die RS von 15 auf 18 oder 21 Wochen verlängert. Somit wurde die Armee ein Stück weit «stehender», da das Verhältnis von Ausbildungszeit/Kasernierung und Reserve sich von beiden Seiten in die falsche Richtung bewegte.

Neoliberalismus und Privatisierung
Die Feudalisierung geht einher mit der Neoliberalisierung, die uns seit einigen Jahrzehnten heimsucht und immer faulere Früchte trägt. Die Abschaffung der Wehrpflicht ist zum Beispiel der erste notwendige Schritt zur Wiedereinführung des Söldnerwesens. Schon jetzt dürfen Privatarmeeholdings wie die britische Aegis Defence Services, in einem sogenannt neutralen Land wie der Schweiz ihren Firmenhauptsitz haben. Den Staat würde es mangels Wehrpflicht nicht kratzen wie heute, wenn seine Bürger sich für fremde Mächte und solche Konzerne verdingen. Schon bei der Polizei wurde durch die Reform der staatlichen Strukturen die Türe zur Privatisierung weiter geöffnet. Durch Abschaffung der Stadt- und Gemeindepolizeien, resp. der Zusammenlegung dieser mit der Kantonspolizei, wurde in den Gemeinden Tür und Tor geöffnet für billigere private Security-Firmen. Die Polizei ist ein Stück weit zu einem mitstreitenden Player geworden, das Gewaltmonopol wurde gemindert, die Leistungen müssen eingekauft werden. Die letztens gemachten Äusserungen, dass Leistungen der Armee für Volksfeste, Sportveranstaltungen etc. in Zukunft abgegolten werden müssen, gehen in dieselbe bedenkliche Richtung. Wollen wir wirklich eine Armee, die vom WEF eingekauft werden kann? Wer zahlt, befiehlt ja in unserem System. Sicherheitsfirmen, die nicht nur polizeiliche, schon das ist zu viel, sondern jetzt bald auch noch militärische Aufgaben übernehmen für irgendwelche Firmen, die Geld haben, und ihre kapitalistischen Interessen schützen, wollen wir nicht!

Ideologische Irrungen von Lifestyle-Linken
Wenn wir das nicht wollen, müssen wir die GSoA-Initiative ablehnen. Die bürgerlichen werden sie zwar sowieso bodigen, und in ihren Reihen hat es ganz grausige Kräfte mit unheimlichen, undemokratischen Weltanschauungen, aber wir müssen dem ganzen ideologischen Brunz eine linke, materialistische Argumentation entgegensetzen. Denn auch auf der GSoA-Seite hat es gefährliche Argumente, die sich wohl früher oder später in die nächsten Armeereformen einschleichen werden. Evi Allemann zum Beispiel würde sich selber als SP-Nationalrätin wohl eher links und nicht bürgerlich nennen, ist für die Abschaffung der Wehrpflicht. Sie war aber eben auch die hartnäckigste Befürworterin einer Beteiligung der Schweiz am Einsatz für die Bekämpfung der somalischen Piraten im Golf von Aden. Das passt hervorragend zusammen. Bis zuletzt versuchte sie, dann noch mit einem Kompromiss mit den Bürgerlichen, ein Bündnis zu schmieden, um dort unten ein bisschen Krieg zu spielen. Zum Glück erfolglos. Die imperialistischen Interessen der Schweizer Transportbranche und Industrie müssen neben fiskalischen, rechtlichen und anderweitigen Privilegien nicht auch noch durch Waffengewalt auf SP-Initiative hin geschützt werden. Jo Lang zählt sich wohl eher zu den linken Grünen und nicht zu den Grünliberalen. Doch genau letzteres ist er. Er argumentiert im GSoA-Blettli, wohl weil er eine schlimme, katholisch-konservative Kindheit hatte, liberal. Das könne man dem Individuum doch nicht antun, dass es ins Militär muss, und damit seine Karriere flöten gehe… Doch nicht nur gesellschaftsliberal sind seine Motive, wenn überhaupt, sondern wirtschaftsliberal, neoliberal eben. Warum sonst lobt er den Privatisierungspapst der Schweiz schlechthin, Reiner Eichenberger, Prof. an der Uni Freiburg? Dieser ist nämlich auch für die Abschaffung der Wehrpflicht und unterstützt die Initiative. Kein Wunder für einen, für den es nur den Markt und den Gewinn gibt – und keine verklärte Mythen wie bei der SVP und auch keine Angst, noch mehr Wählerstimmen an diese zu verlieren wie bei FDP und CVP. Die wären ansonsten nämlich auch für die Abschaffung, oder müssten es sein, wenn die Initiative nicht ausgerechnet auch noch von der GSoA käme.

«Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien» (Oscar Wilde)
Die Abschaffung der Armee ist ein hehres Ziel. Die gilt es weiterzuverfolgen. Allerdings ist es im Kapitalismus nicht möglich, weil Kapitalismus eben Krieg, Ausbeutung und Imperialismus bedeutet. Diese Armeen, alles Angriffsarmeen, je länger je mehr wieder, sind zu bekämpfen, das Recht auf Souveränität, sprich, das Völkerrecht, gilt es zu verteidigen. Im Sozialismus müsste man sich noch verteidigen können, deshalb wurde im Landesstreik von 1918, vor 95 Jahren also, auch ein demokratisches Volksheer gefordert. Erst im Kommunismus, wenn der Aggressor, der Imperialismus, Alternativen zum Kapitalismus nicht mehr bedroht, braucht es auch keine Armeen mehr. Das muss unser Ziel sein, eine friedliche Welt von Völkern nebeneinander und miteinander statt gegeneinander. Doch für den Frieden muss man kämpfen.