Motion Mario Imhof (FDP): Umsteigen auf den öV für Einwohner der Stadt Bern attraktiver gemacht – 50% Ermässigung auf den Jahresabonnementen von Bernmobil Zone 100 und 101 der 2. Klasse und Junior/Senior der 2. Klasse
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 13.6.13
Eines muss man dem Motionär – nicht neidlos, sondern schon ein bisschen neidisch – zugestehen: Er tickt nicht gar so berechenbar wie viele von uns in diesem Rat. Seiner Forderung nach einer Halbierung der ÖV-Tarife für die Stadt Bern mag man nun Populismus, Spielen mit der Finanzklemme oder gar Provozieren eines ÖV-Kollapses vorwerfen. Einen sensiblen Nerv der Bernmobil-KundInnen trifft er alleweil. Der Motionär mag ein Ironiker sein – seine Motion kann aber ganz sicher nicht als billiger Witz abgetan werden.
Die Partei der Arbeit hat in einer Motion vom 25. Juni 2009 den Gratis-ÖV für Menschen in Ausbildung gefordert. Interessanterweise haben wir für diese Motion in der Stadtratsdebatte vor rund zwei Jahren keine namhafte Unterstützung erhalten – weder aus dem Lager der UnterzeichnerInnen der Motion Imhof noch durch jene Parteien, die heute ins Lamento des Gemeinderats über den asozialen Charakter der Motion Imhof einstimmen mögen, da diese der wirtschaftlichen Situation der PendlerInnen nicht Rechnung trägt. Wir sahen uns vor zwei Jahren gezwungen, die Motion zum zahnlosen Postulat zu wandeln, das schliesslich per Prüfungsbericht ad acta gelegt werden konnte. Solchen Spielchen mit Doppelmoral ist die Partei der Arbeit nicht hold. So werden wir heute der vorliegenden Motion zur Halbierung der ÖV-Tarife zustimmen.
Grundsätzlich hält es die Partei der Arbeit auch in Sachen ÖV mit dem Verursachungsprinzip: Soll die Mobilität bezahlen, wer die Mobilität laut propagiert, weil braucht – wer von der Mobilität profitiert. Wer will uns denn weismachen, dass die Menschen sich tagtäglich aus lauter Lust an der Freude hin- und herkarren lassen? Dass Mobilität zur unabdingbaren Voraussetzung für bald jede Form von Erwerbsarbeit gehört – das ist keine Erfindung der PdA. Und wem kommt diese Mobilität zugute, ohne dass sie den derart Mobilisierten entschädigt würde? Genau in diesem Sinn – und nur in diesem Sinn – liegt die vorliegende Motion richtig. Und aus diesem Grund wird sie von der Partei der Arbeit unterstützt. Keine Zustimmung wird jedoch der 3. Punkt der Motion finden, der zusätzliche Vergünstigungen für wirtschaftlich schwache Gruppen ausschliessen will. Mit diesem Punkt torpediert sich die Motion sozialpolitisch selbst. Vielleicht geschieht das aber sogar mit Absicht. Das wäre dann allerdings nicht ein ironischer, sondern ein zynischer Schachzug. Wir mögen es nicht glauben und fordern den Motionär deshalb auf, diesen Punkt zurückzuziehen oder zumindest punkteweise abstimmen zu lassen.
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 13. Juni 2013