Motion Fraktion GB/JA! (Hasim Sancar, GB): Offenlegung der Finanzierung von Partei-, Wahl- und Abstimmungskampagnen
Intervention der PdA an der Stadtratssitzung vom 18.10.2012
Wieder einmal geht ein Gespenst um in Europa – diesmal das Gespenst der Transparenz. Und niemanden braucht da gross erstaunt zu tun: Zu penetrant ist da doch das Gemauschel, Getuschel, Geschmiere, das die Schnittstelle von Politik und Geschäft beherrscht. Eine Offenlegung der Parteienfinanzierung wäre inmitten dieses Sumpfgebietes sicher keine Wunderwaffe, eine kleine Dienstleistung für Wahl- und StimmbürgerInnen allerdings und immerhin.
Der Gemeinderat unterstützt dieses Anliegen – schreibt er uns in seiner Antwort. Und lehnt dankend ab. Und er verlangt von uns, dass wir ihm in seiner abenteuerlichen Logik folgen. Das ist arg viel verlangt. Und wird auch nur von denen goutiert werden können, die sich einen Blick über den Gartenzaun lieber nicht gefallen lassen. Dass der Gemeinderat solcherart in schlechte Gesellschaft geraten kann, ist unschön, aber nicht so locker von ihm abzuwenden. Eigentlich eine trüber Note zu Ende einer Legislatur.
Der Gemeinderat holt in seiner Antwort auf die Motion weit aus und redet sich dabei um Kopf und Kragen. Er listet „ungelöste Probleme“ auf. Und er geht in Deckung: dahinter. Da moniert der Gemeinderat „die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten“. Lassen wir uns doch ruhig mal überraschen, was die Verweigerung der Offenlegung der Finanzierung durch eine Partei nach sich ziehen wird! Könnte ja sein, dass Bürgerinnen und Bürger durchaus auch sanktionsfähig sind.
Dass politische Parteien nicht die einzigen Player bei Abstimmungen und Wahlen sind – diesen Beitrag im Sinne der politischen Weiterbildung des Stadtrats dürfen wir verdanken, auch wenn der Erkenntnisgewinn recht bescheiden ist. „Aber die andern!“ Wir kennen das Argument. Stopf ich hier, tropft es da. Wahrlich ein weitere Beispiel für die Unzulänglichkeit menschlichen Strebens. So schnell können so grundsätzliche Probleme nicht gelöst werden. Konklusion: Dann falten wir mal demütig die Hände im Schoss. Und warten auf bessere Zeiten?
Vielleicht werden diese Zeiten anbrechen, wenn Bund und Kantone sich endlich einmal aufraffen werden und nicht länger auf den finanzpolitischen Ganzkörperschleier setzen. Wagen wir doch das Gedankenexperiment: Was könnte die Annahme der Motion heute Abend auslösen? Nicht wenige MandatsträgerInnen landauf, landab bekämen dadurch einen moralischen Zustupf – und andere ein bisschen Feuer unterm Hintern.
Die Partei der Arbeit kann für die widersprüchliche und mutlose Haltung des Gemeinderats kein Verständnis aufbringen. Wem fürchtet er bloss auf die Zehen zu treten? Machen wir ihm also Mut und machen wir in Sachen Transparenz der Parteienfinanzierung ein bisschen Dampf. Dafür ist die vorliegende Motion ein valables Mittel. Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf offene Karten beim parteilichen Spiel um ihre Gunst und ihr Vertrauen. Und wer mit der Offenlegung der Parteifinanzierung nicht gut fahren will oder kann, wird wohl seine Gründe haben. Mir braucht er sie allerdings nicht extra zu erklären.
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 18. Oktober 2012