Motion Luzius Theiler (GPB-DA): Rückführung des Boden- und Wohnbaufonds in die Verwaltung
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 26. April 2012
Der Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik der Gemeinde Bern ist ein eigentliches Erfolgsmodell, und was sich in bald einmal 30 Jahren so bewährt hat, braucht man ja wirklich nicht in Frage zu stellen – meint der Gemeinderat in seiner Antwort und stellt damit die MotionärInnen in die Ecke der Realitätsfremden und Verantwortungslosen. Das ist starker Tabak. Bleiben wir aber auf dem Boden. Auf dem Boden des Fonds-Reglements.
In einer Volksabstimmung vom Mai 1984 fand ein Reglement eine Mehrheit, das in seinem Artikel 1 eine Zielsetzung formuliert, die bis auf den heutigen Tag verbindlich ist. Wir brauchen also überhaupt nicht im politischen Kaffeesatz zu lesen und das Talent zur Interpretation zu strapazieren. Er reicht die Lektüre dieses äusserst klaren Textes:
„Die Gemeinde (…) fördert insbesondere den gemeinnützigen Wohnungsbau, sorgt für die Erhaltung von preisgünstiger Bausubstanz und ist bestrebt, ein ausreichendes Angebot kinderfreundlicher sowie behindertengerechter Wohngelegenheiten bereitzustellen.“
Und diesen Anspruch gilt es mit der „Erfolgsgeschichte“ des Fonds zu vergleichen. So einfach ist das. Und aus diesem Vergleich sind die politischen Folgerungen zu ziehen. So unverständlich ist das ja wohl auch wieder nicht. Die Motion nimmt diese Zielsetzung des Boden- und Wohnbaufonds sehr ernst. Und sie sucht die besten Wege zu ihrer Umsetzung – was mit Realitätsverlust so wenig zu tun hat wie mit Verantwortungslosigkeit, doch schon eher mit demokratischer Kontrolle.
In der vorliegenden Antwort des Gemeinderats ist aber dann Folgendes zu lesen: „Der Fonds (…) ist bei weitem nicht in der Lage, mit einer ‚aktiven Boden- und Wohnbaupolitik die Voraussetzungen für eine zeitgemässe, soziale, wirtschaftliche und bauliche Entwicklung der Stadt Bern‘ zu schaffen.“ Wie das mit der Erfolgsstory des Fonds in Einklang zu bringen ist, bleibt das Geheimnis des Gemeinderats. Und was folgt dann daraus? Zitieren wir weiter: „Wer diese Zielsetzung in ihrer ganzen Konsequenz umgesetzt sehen will, verkennt die Realitäten der Einflussmöglichkeiten des Fonds sowie seine Finanzierungsmöglichkeiten.“
Wenn Realitätstüchtigkeit sich darin äussert, dass Zielsetzungen eines demokratisch ausgehandelten Reglements mit einem Schulterzucken beiseitegeschoben werden, dann lassen wir uns noch so gerne Realitätsverlust attestieren! Aber dann beteuert der Gemeinderat dann doch auch wieder: „Der Fonds ist erstarkt.“ Also doch wohl in der Realität? Und wie sieht es denn nun in Realität mit dem Angebot „preisgünstiger Bausubstanz“ aus? Ich komme nicht darum herum, den Gemeinderat ein weiteres Mal zu zitieren. Er ist davon überzeugt, „dass eine gewinnbringende städtische Wohnbaupolitik nur auf der Balance zwischen Instandhaltung und Erneuerung basieren kann.“ Woraus dann was gefolgert werden kann? „Ausgehend von dieser Betrachtungsweise wäre es als unverantwortlich zu bezeichnen, würde der Fonds heute noch über die gleiche Anzahl von preisgünstigen Wohnungen (…) wie zu seiner Gründerzeit verfügen.“
Was aber das eine mit dem andern, was also die Balance zwischen Instandhaltung und Erneuerung mit der Verringerung der Anzahl preisgünstiger Wohnungen zu tun hat – das muss wohl wirklich mit dem tiefsten Geheimnis der Erfolgsstory des Fonds zu tun haben. Und wer denn nun genau und warum als „unverantwortlich“ bezeichnet werden müsste – das ist nicht weniger rätselhaft.
Dann halten wir uns also wohl am besten an die Rubrik „Facts and Figures“, was mit Fakten und Zahlen sicher sehr stümperhaft übersetzt ist. Wo diese Fakten allerdings die Zielsetzung des Fonds, “insbesondere den gemeinnützigen Wohnungsbau“, berühren, wird auch ein Bummel quer durch Bern nicht so einfach erschliessen. In der Christoffel-Unterführung und auf dem Gelände von Wankdorf-City erschliesst sich aber immerhin so einiges. Und wenn wir den Europa-Platz fliehen, dann werden wir endlich fündig: Stöckacker Süd. Aber das muss ja jetzt weg! So will es nicht die Zielsetzung des Fonds – so will es seine „Erfolgsgeschichte“.
Die PdA Bern steht hinter der Zielsetzung. Und wir nehmen zur Kenntnis, dass diese Ziele im Rahmen des Fonds nicht erreicht worden sind und dass sie auch in Zukunft nicht erreicht werden – dass sie nicht einmal angepeilt werden. Wem es ernst ist mit einer sozialen Wohnbaupolitik, wem es ernst ist mit einer Wohnstadt Bern für alle, wird sich um diese Motion nicht einfach drücken können. Eine Ablehnung bedeutet Einverständnis mit einer Wohnbaupolitik, welche die Anzahl von preisgünstigen Wohnungen seit Einrichtung des Fonds reduziert hat. Mit einer Zustimmung zur Motion öffnen wir erst einmal eine Tür und ebnen wir den Weg: für eine wirkliche Erfolgsgeschichte.
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 26. April 2012