Leistungsvertrag mit dem Verein Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule, IKuR, für die Periode 2012–2015; Verpflichtungskredit
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 17.11.2011
Im „Basiswörterbuch Religion“ können wir lesen: „Vor allem jedoch sind nützliche Idioten diejenigen Menschen, die nur zu oft mit bestem Willen und mit lauterster Gesinnung bei typischen Teufelskreisen mitmischen – und eben nicht als Sand im Getriebe – und damit letztlich doch nur Handlanger und Wegbereiter fremddienlicher Interessen sind.“ Ich habe mich im vergangenen Frühling so was von geirrt: Die selbstdeklarierte Mitte treibt ihr Spiel halt doch nicht aus Kurzsichtigkeit und Naivität. Sie dient den Hardlinern bewusst, geschickt und nachhaltig zu: und das konsequent seit dem Sirnengesang der Motion Mozsa. Und mittlerweile hat sich aus diesem Gesang ein veritables Konzert entwickelt unter gütiger Mitwirkung einer schrillen Regierungstrompete, polizeilicher Trommler und Einpauker und journalistischer Streicher. Bei dieser Klangfülle haben leisere Töne längst keine Chance mehr. Das alles ist mittlerweile bestens orchestriert und unterscheidet sich damit markant von früheren Hüftschüssen: Diese Mitte hat dazugelernt. Zweifellos!
Geniessen Sie doch diesen Erfolg. Aber dann kommen Sie bitte wieder auf diesen Berner Boden zurück! Und dann machen Sie sich bitte auch bewusst, welche seltsame Dynamik Sie angestossen haben. Und setzen Sie im politischen Übermut nicht aufs Spiel, was die Berner Jugend erstritten und in langen Jahren aufgebaut hat! Sagen Sie uns, wo wir ein vergleichbares Projekt finden, das so erfolgreich diese Vielfalt an kreativen Arbeiten und kulturellen Angeboten vereinigt? Zählen Sie doch mal die Generationen von Jugendlichen, die mittlerweile ihre Erfahrungen als BesucherInnen und BetreiberInnen dieses kreativen Biotops gemacht haben – einer kleinen Welt ganz ohne Chefs. Wenn wir in der Reitschule etwas nicht antreffen, dann sind das hohle Hände. Aber wem hier drin sage ich das? Das wissen Sie bestens – allen voran der Sicherheitsdirektor – und weit über die politische „Mitte“ hinaus. Schon die Motion Mozsa hat nicht damit leben können und wollen, dass solche Arbeitszusammenhänge basisdemokratisch organisiert werden können. Und dass das dann auch noch funktioniert: und erst noch so gut, erst noch so lange!
Das bürgerliche Gebastel am Leistungsvertrag zeugt für die PdA Bern zuerst einmal von fehlendem Respekt gegenüber allen, die mit ihrem Einsatz den vielseitigen Betrieb der Reitschule ermöglichen. Wer einen solchen Laden schmeisst, lebt sicher nicht in den Tag hinein, sondern braucht mindestens eine mittelfristige Perspektive. Aber wem muss ich das sagen? Sicher nicht den Sprecherinnen und Sprechern der KMUs hier drin. Das ewige Aufschieben, Aufsplitten und Abändern des Leistungsvertrags kreiert eine Atmosphäre der Unsicherheit, welche nicht im Interesse der Berner Kultur liegen kann. Die Drohung mit der Einschränkung oder gar Schliessung des Restaurationsbetriebs kann schliesslich nur ein einziges Ziel verfolgen: dem Projekt Reitschule die Luft abzuschnüren. Wer solches andenkt, wird auch in Zukunft nicht davon ablassen, jede Gelegenheit zur politischen Eskalation auszunützen.
Die PdA Bern fordert alle, denen kulturelle Vielfalt und vielfältige Lebensräume ein echtes Anliegen sind, dazu auf, dem Leistungsvertrag mit dem Verein Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule endlich zuzustimmen. Angesichts des stolzen Leistungsausweises der Reitschule weiterzunörgeln – verschonen Sie uns von diesem Bild engherziger Politikerinnen und Politiker. Es ist wahrlich schon genug politischer Schaden angerichtet und sehr viel Vertrauen zerstört worden. Eine solche „Sonderbehandlung“ der Reitschule trifft die Berner Kultur als Ganzes. Dieses zermürbende Spiel gehört endlich abgepfiffen! Und der Leistungsvertrag für die Periode 2012-2015 endlich abgeschlossen!
Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 17.11.2011 pdf