Wer von Stabilisierung spricht, träumt von der Umverteilung nach oben

Strategische Aufgabenüberprüfung zur Haushaltsstabilisierung 2012 – 2014

Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 28. April 2011

Das Spiel ist doch so altbekannt wie abgeschmackt: Bürgerliche Interessen lassen nichts unversucht, dem Gemeinwesen dringlich benötigte Steuereinnahmen vorzuenthalten, um dann lauthals nach dem Sparstift zu schreien. Und sie fädeln das auf allen politischen Ebenen so geschickt und gerissen ein, dass der Begriff Betrug fast schon zahnlos wirken muss. Wenn dann aber auch rot-grün dominierte Regierungen zu Erfüllungsgehilfen einer solchen Strategie avancieren, dann kann man mit Fug von einem politischen Trauerspiel reden.

Die PdA Bern lehnt diese bürgerliche Strategie grundsätzlich ab, die jeden Anspruch auf soziale Gerechtigkeit verhöhnt. Und wir lehnen im Speziellen jene „Massnahmen“ zur so genannten „Haushaltsstabilisierung“ ab, die so ganz offensichtlich daraufhin angelegt sind, gerade jene Menschen vom gemeinsamen Haushaltstisch zu vertreiben, die über geringe finanzielle Ressourcen verfügen. Einzelne „Massnahmen“ sind denn auch so kleinlich und knauserig gedacht, dass sie – absichtlicher oder naiver Weise – eine zynische Handschrift tragen. Wie soll denn bitte eine „Massnahme“ verstanden, interpretiert werden, welche die Weihnachtspauschale an Sozialhilfeempfangende streichen will?

Man kann es drehen und wenden – auch die „Methodik der Portfolioanalyse“ kann uns nicht plausibel erklären, welchen Sinn eine Massnahme machen soll, welche den Verzicht auf den Ausbau von Deutschkursen für Mütter und Kinder im Vorschulalter vorsieht. Oder lässt diese Methodik vielleicht doch tiefer blicken? Sparpotentiale liegen gemäss dieser Analyse dann vor, wenn „Überversorgung“ auszumachen ist oder wenn es sich um ein „politisch eher unwichtiges Engagement mit geringem Handlungsbedarf“ handelt, wie sich das „Legitimations-Bedarfs-Portfolio“ ausdrückt. Ich erlaube mir eine Übersetzung: Wer seine Stimme in dieser Gesellschaft nicht gewichtig zum Ausdruck zu bringen vermag, kann auch ruhig übergangen werden. Diesen Menschen gegenüber ist der Bedarf an politischer Legitimation gering – jedes Engagement ihnen gegenüber tendiert folglich zwangsläufig zur „Überversorgung“.

Eine solche „Überversorgung“ ortet der Gemeinderat offensichtlich nun auf einmal auch in der freien Kulturszene, wenn er die „Beiträge direkte Förderung“ zu kürzen beabsichtigt. Diese Massnahme ist einschneidender, als es die Sparsumme vermuten lässt. Denn diese Massnahme stellt ein kulturpolitisches Klima in Frage, mit dem die Stadt Bern gut, weil kreativ leben konnte. Wer hier im Stadtrat Lust darauf verspürt, weiterhin am Kulturpakt auf Kosten der so genannten „Kleinen“ herumzubasteln, darf nicht erstaunt sein, wenn solche „Massnahmen“ letztlich teurer zu stehen kommen, als sich das Portfolioanalysen träumen lassen.

„Haushaltsstabilisierung“, „Gleichgewicht“, „Strategische Aufgabenüberprüfung“, „Methodik der Portfolioanalyse“: Das tönt schon ganz imposant, riecht nach Objektivität und vertreibt jeden Zweifel mit „Meilensteinen“. Und wo „Meilensteine“ gesetzt sind, können nur noch „Sachzwänge“ nachvollzogen werden – so kann der Geist der vorliegenden Massnahmen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. An die Stelle dieser „Sachzwänge“ setzen wir die Option einer freien politischen Entscheidung. An die Stelle einer Politik der Umverteilung von unten nach oben insistieren wir auf gesellschaftlicher Solidarität. Gegen den ungestillten Hunger nach Extraprofiten stellen wir die Verteidigung der elementaren Rechte und Interessen der bescheiden Entlohnten und bescheiden Lebenden. Genau das ist der politische Rahmen, in dem die aktuellen Massnahmen zur „Haushaltsstabilisierung“ zu bekämpfen sind.

Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 28. April 2011 pdf