Keine faulen Spielchen auf dem Buckel der KulturarbeiterInnen!

Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 3. März 2011
Leistungsverträge / Subventionsverträge mit 20 Kulturinstitutionen für die Periode 2012 bis 2015; Verpflichtungskredite und Abstimmungsbotschaft

Die Behandlung der Leistungsverträge durch den Stadtrat ist sicher nicht der schlechteste Rahmen, um all jenen einen herzlichen Dank auszusprechen, die mit ihrer Arbeit einen Kulturbetrieb ermöglichen und garantieren, der durch seine grosse Vielfalt, Qualität und Ausstrahlung weit über die Stadt hinaus beeindruckt. All diesen Kulturarbeiterinnen und Kulturarbeitern vor und hinter den Kulissen möchte die PdA Bern jedoch nicht nur danken, wir möchten sie auch ermuntern, weiterhin auf ihre je spezifische Weise für den kulturellen Reichtum der Stadt Bern zu sorgen. Und genau deshalb gilt es heute Abend hier im Rat Sorge zu tragen.

Sicher ist es – gerade in den letzten Monaten – nicht ganz ohne Stilbrüche, Misstöne und echten Theaterdonner abgegangen. Bemerkenswerter Weise betrafen die Fehlleistungen in keinem einzigen Fall jene, welche die kulturelle Leistung in Sinn der Leistungsverträge mit ihrer täglichen Arbeit erbringen. Sie betrafen interessanter – oder bezeichnender oder tragischer? – Weise ausschliesslich jene, die Leitungs- und Koordinationsaufgaben zu erfüllen haben, zu erfüllen hätten. Dies gilt es heute Abend in jedem einzelnen Fall, bei jeder einzelnen Entscheidung zu berücksichtigen.

Die vorliegenden Leistungsverträge sind ein äusserst delikates Gebilde: Ein Kürzen des einen Beitrags könnte nicht nur Auswirkungen haben auf andere Posten – es würde das ganze System gefährden, in Frage stellen. Es darf daher nicht sein, dass durch unsere Entscheide heute Abend just jene getroffen werden und die Zeche zu bezahlen haben, die absolut keine Schuld trifft an negativen Schlagzeilen: nämlich die Kultur Produzierenden und die Kultur Konsumierenden, Erlebenden und Geniessenden. Die PdA Bern setzt sich daher dafür ein, dass dieser solidarische Grundsatz konsequent befolgt wird – und das heisst dann auch: konsequent über alle Verträge hin!

Es wäre für die PdA Bern denn unter diesen Voraussetzungen auch unverständlich und völlig inakzeptabel, wenn gerade die kleineren kulturellen Einrichtungen – besser gesagt: die mit kleineren öffentlichen Unterstützungsbeiträgen! – geschröpft werden sollten. Die Kultur dieser Stadt lebt von der Vielfalt. Von der Vielfalt an kulturellen Äusserungen, der Vielfalt der institutionellen Gefässe, der Vielfalt der kulturellen Orten und der Vielfalt des Publikums. Und wer garantiert denn diese Vielfalt, wenn nicht die Kleineren und Kleinen, die bei einem bescheidenen Anteil am Unterstützungskuchen ein sehr beeindruckendes Angebot generieren?

Auf diesem Hintergrund ist es denn auch unverständlich und für uns inakzeptabel, wenn das Kino Kunstmuseum seinen Kopf hinhalten müsste für eine sture, kurzsichtige und kulturfremde Sparübung. Mit der vom Gemeinderat beantragten Kürzung des Beitrags wird ein verdienstvolles künstlerisches und medienpädagogisches Projekt nachhaltig getroffen. Was dabei herauskäme, wäre keine echte Unterstützung mehr – es wäre Sterbehilfe. Dass dabei vom Gemeinderat vermeintliche Bedürfnisse des Kunstmuseums – mit oder ohne dessen Mittäterschaft? – ins Feld geführt werden, mutet schon eher grotesk an. Dass nach dem undurchsichtigen und dilettantischen Gerangel um ein Museum oder eine Abteilung der Gegenwartskunst gerade das Kino Kunstmuseum bluten soll: Das gehört dann definitiv in die Logik jener Liga, die Kultur nicht belebt oder lebt – sondern verwaltet.
Unverständlich und völlig inakzeptabel ist für uns auch das Katz und Mausspiel, das sich einige Fraktionen mit der Reitschule leisten. Da scheinen einige den Narren gefressen zu haben am Spiel mit den Muskeln. Und erinnern sich nicht mehr daran, was sie mit diesem Gehabe schon verbockt haben. Ihre Interpretation der jüngsten Volksabstimmung über die Reitschule scheint mir dann doch recht eigenartig. Es ist wohl doch kein Zufall, dass ihnen an der Reitschule vor allem eines nicht passt: die Basisdemokratie!

Setzen wir hier und heute kein deutliches Zeichen für die Unterstützung der Berner Kultur, und zwar in ihrer ganzen Breite und Vielfalt, dann könnte uns schon bald ein Wind um die Ohren wehen, von dem der aktuelle Sparvorschlag des Gemeinderat und das Verwirrspiel um die Reitschule ein degoutantes Vorspiel liefern. Man nehme die Stellenausschreibung für den neuen Posten des „Super-CEO“ für Konzert Theater Bern und lasse sich nur diese Sprach-“Kultur“ einfach mal auf der Zunge zergehen. Als gäbe es lebendige Kultur von der Stange! Aber Kultur lässt sich nicht als Sedativum nach den Regeln der Pharmaindustrie managen. Lebendige Kultur ist halt immer auch ein Wagnis, ist immer wieder gut auch für Überraschungen, ist widerborstig oder gar mal unbequem. Lebendige Kultur ist halt eben unberechenbar – in der vollen Bedeutung des Begriffs. Weil wir zu dieser Kultur stehen, fordert Sie die PdA Bern auf, dieser Kultur heute in ihrer ganzen Vielfalt das Vertrauen auszusprechen.

Rolf Zbinden, PdA Bern, 3.3.2011