Grössere demokratische Kontrolle der ausgelagerten Betriebe!

Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 27.1.2011

Motion Fraktion BDP/CVP: (Henri-Charles Beuchat, CVP/Kurt Hirsbrunner, BDP): Stärkung der parlamentarischen Oberaufsicht über die Gesellschaften mit städtischer Kapitalbeteiligung, der ausgelagerten Betriebe oder der verselbständigten Einheiten Motion Fraktion GLP(Jan Flückiger, GLP): Governance in der Stadt Bern (I): Eignerstrategien von Betrieben mit städtischer Mehrheitsbeteiligung

Ich reibe mir die Augen: Verkehrte Welt oder was? Da erhebt sich wahrhaftig aus der „Mitte“ heraus eine Stimme, die es leid ist, nur immer ehrfürchtig zu intonieren: Public Corporate Governance. Eine klare demokratische Sprache gegen den grassierenden Newspeach, für das Recht der Politik gegen pseudowissenschaftliche Einkleidung und Anmassung: Das erfreut das Herz aller, für die öffentliche Angelegenheiten auch öffentlich verhandelt und beschlossen gehören. Ein Höchstmass an demokratischer Einflussnahme muss gerade dort erstrebt werden, wo es um jene Fragen geht, welche die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger in ganz erheblichem Masse betreffen. Der Ohnmacht angesichts der Logik des Marktes einen öffentlichen Sektor entgegenzusetzen, der demokratische Einflussnahme ermöglicht und demokratischer Kontrolle gehorcht – das erscheint uns als Kern eines minimalen Programms der zivilen Selbstverteidigung.

Die Antworten des Gemeinderats auf die Motionen dürften nicht nur die PdA Bern irritiert haben: Wer da mit Paternalismus und viel, viel Verständnis für im Grund und prinzipiell berechtigte Anliegen – und aber dann doch einem der gespaltenen Brust abgerungen Korb gerechnet hat, sieht sich eines Bessern belehrt: Schulmeisterlich kanzelt der Gemeinderat die Motionen in den Worten einer universitären Studie zu Public Corporate Governance ab: „Der Stadtrat muss sich im Klaren darüber werden, dass verringerte Einflussmöglichkeiten notwendige Konsequenz sind“. So etwas tönt im aktuellen Kontext schnoddrig. „Der Stadtrat muss sich seiner Oberaufsichtsrolle bewusst werden. Er sollte möglichst nicht in die operative Arbeit eingreifen.“ Und so tönt also mittlerweile Wissenschaft? Auch sie verludert am Tropf des Kapitals – und der Gemeinderat kupfert dankbar ab. Auf diese Art braucht ein Parlament sicher nicht mit sich reden zu lassen.

Desillusionierung kann der Klarsicht nützen. Dass sie die Hoffnung auf eine baldige bürgerliche Mehrheit im Gemeinderat verabschiedet haben – die Motionäre werden das so nicht gelten lassen. Dass sich aber dank einer immer beugsameren Mitte vermehrt bürgerliche Mehrheiten im Stadtrat finden lassen, das haben wir allerdings schon zur Genüge erfahren. Die Motionäre haben lediglich kombiniert. Dieser Braten ist wahrlich nicht schwer zu riechen. Und was dabei herausgekommen ist, preisen sie uns an: als Stärkung des parlamentarischen Einflusses. Wo sie aber Recht haben, haben sie Recht.

Die PdA Bern ist nicht blauäugig. Sie bleibt lediglich bei ihren Grundsätzen. Wenn wir uns konsequent und grundsätzlich für die Kompetenzen und Einflussmöglichkeiten des Parlaments einsetzen, dann können wir die Motionen nicht einfach ablehnen, nur weil uns die Absender kein grosses Vertrauen einflössen. Ihre Widersprüche werden die Motionäre heute Abend sicher nicht los – das Regierungslager aber auch nicht. Die PdA Bern unterstützt die Motion der Fraktion BDP/CVP und die Motion (I) der Fraktion GLP – als erste und sinnvolle Schritte auf dem Weg einer Reintegration der ausgelagerten Betriebe.

Rolf Zbinden, PdA Bern, 27.1.2011 pdf