„Rassistische Diskriminierung am Bar-, Club- und Discoeingang“

Motion Jimy Hofer (parteilos): Sofortiger Rückzug der Infoblätter „Rassistische Diskriminierung am Bar-, Club- und Discoeingang“
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 28. Oktober 2010

Es irritiert ja schon ein bisschen, mit welcher Vehemenz und Munition hier auf Info- und Merkblätter geschossen wird – schier als sei da von einem bösartigen Poller eine ganz heikle Stelle getroffen worden: Weg damit – und zwar sofort! Was wurde hier mit etwas Papier angesprochen, aufgewühlt, getroffen? Und was ist eigentlich die Stossrichtung der Motion? Ein genauerer Blick wird sich lohnen, macht uns der „parteilose“ Vorstoss doch den Gefallen, die Ängste offen zu legen, die zu einer solch heftigen Reaktion geführt haben können.

Ungeschulte Wirte sollen ungeschultes Personal schulen, aus- und weiterbilden. So steht es nicht in den Informationsblättern, so steht es in der Motion. Was stimmt da nicht? Was ist hier realitätsfremd? Ich sehe ja das Problem, nur scheint es mir nicht unbedingt bei den Informationsblättern zu liegen. Auch scheint mir die Motion mit derart pauschalisierenden Äusserungen ein etwas gar schiefes Bild des Gastgewerbes zu liefern. Nach 25 Jahren Berufserfahrung in der Ausbildung gastgewerblicher Berufsleute kann ich das so nicht stehen lassen. Es ist immer wieder faszinierend mit zu verfolgen, wie schon junge und jüngste Berufsleute die intellektuellen und psychologischen Grundlagen sich aneignen, die sie nicht nur dazu befähigen, Infoblätter zu lesen und die Tücken der Stigmatisierung und Diskriminierung zu verstehen, sondern auch dazu, mit heiklen Situationen und nicht immer sehr pflegeleichten Gästen angemessen umzugehen. Drohungen der Sorte, wie wir sie vor einer Woche anlässlich von ein paar Pfiffen von den Galerie gehören haben, gehören aber definitiv nicht ins Repertoire dieser professionellen Ausbildung.

Beim Lesen der Motion drängt sich der Eindruck auf, da hätte ein wild gewordener Haufen selbsternannter Sittenapostel abgehoben und sich in den Infoblättern selbstverwirklicht. Und genau dieser Eindruck ist beabsichtigt, genau darin liegt die politische Stossrichtung der Motion. Wo und wann auch immer die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus, (EKR) in Erscheinung tritt – ihre Diffamierer lassen nicht lange auf sich warten. Gerade diese Institution, die vom Bundesrat zur Umsetzung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (RDK, 1965) – einem der ältesten Menschenrechtsabkommen der UNO – eingesetzt worden ist – gerade diese Kommission steht im Feindbild-Katalog der nationalen Rechten ganz oben. Mit einer Klatsche lassen sich so gleich noch internationale Vereinbarungen gegen Rassismus und die Strafnorm gegen Rassendiskriminierung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Artikel 261bis) treffen.

Stigmatisieren, diskriminieren, ausgrenzen: Das ist ein altes Lied aus der Trickkiste der Classe Politiqe. Massnahmen gegen rassistische und sexistische Diskriminierung als Zensur zu verunglimpfen und lächerlich zu machen: Dieses Lied wird in letzter Zeit – auch hier im Rat – immer lauter. Die PdA Bern fordert Sie auf, der Motion eine wuchtige Abfuhr zu erteilen. Der Angriff auf die Infoblätter ist erst ein Anfang. Fortsetzung folgt garantiert! Der Widerstand gegen Rassismus und Sexismus innerhalb und ausserhalb des Rats lässt sich durch „parteilose“ Manöver nicht ablenken – genauso garantiert!

Rolf Zbinden, 28.10.2010