Motion Fraktion SVPplus (Erich J. Hess, SVP): Keine Einbürgerung von Sozialhilfeempfängern in der Stadt Bern
Intervention der PdA Bern an der Sitzung des Stadtrats, 27.5.10
Als hätte es in diesem Rat in den vergangenen Monaten nicht schon genug Versuche gegeben, aus Sozialhilfe Beziehenden Menschen zweiter Klasse zu machen! Was doch in einem sozialen Rechtsstaat als Selbstverständlichkeit zu gelten hätte: das Recht auf Unterstützung, das „Wohl der Schwachen“, wie es die Bundesverfassung nennt – mit der vorliegenden Motion wird es zum gesellschaftlichen Ausschlussgrund par excellence. Damit zeigt sich einmal mehr, dass die Integrations-Rhetorik gewisser Kreise nichts anderes darstellt als die verlogene Schnulze zum üblen Spiel der Ausgrenzung.
Zwei Fliegen auf einen Schlag! So das durchsichtige Kalkül der Motion: Auf diese Art soll die Diskussion um Sozial- und so genannte Ausländerpolitik gemixt werden: in der untersten Schublade des Ressentiments. Damit wird ein Publikum bedient, das in seiner sozialen Verunsicherung und kulturellen Verstörung sich nur noch am Schwachen, Fremden, Andern aufzubauen vermag. Eingeschüchtert die einen, ausgeschlossen von den Mitteln politischer Mitbestimmung die andern: So präsentieren sich die beiden gesellschaftlichen Gruppen, welche dieser Politik der Spaltung als Projektionsfläche dienen.
Auch wenn diese Motion hier im Rat chancenlos ist, so sollte sie uns doch zu denken geben. So macht sie uns bewusst, wie mit früheren Vorstössen gegen benachteiligte gesellschaftliche Gruppen, aber auch mit halbherzigen und ängstlichen Entgegnungen ein politisches Terrain bereitet worden ist, auf dem die Saat der Diskriminierung und Ausgrenzung spriessen kann. Eine Ablehnung dieser und der folgenden SVPplus-Motion kann deshalb nur ein erster Schritt sein. Notwendig sind weitere politische Initiativen, welche die Spaltung in Menschen mit und solche ohne Arbeit und die Aufteilung von Menschen mit und ohne Schweizer Pass an der Wurzel bekämpfen.
Für die PdA Bern ist jeder Integrations-Diskurs scheinheilig, der nicht davon ausgeht, dass jede soziale, politische und kulturelle Integration Mitsprache, Mitbestimmung, Mitentscheidung in gesellschaftlichen Fragen zwingend einschliesst. Die SVP-Forderung nach Verweigerung der Einbürgerung von Sozialhilfe Beziehenden ist ein Instrument nationaler und sozialer Spaltung, Entrechtung. Und sie ist ein Hohn auf die Bundesverfassung. Vielleicht wäre ab und zu ein Blick wenigstens in die Präambel auch dann angezeigt, wenn man dank der richtigen Abstammung um einen Staatskundetest herumkommt.
Rolf Zbinden, PdA Bern, 27.5.10