Motion Lea Bill (JA!): Einführung der Basisdemokratie in der Stadt Bern
Intervention der PdA Bern an der Sitzung des Stadtrats vom 25.2.10
Ziemlich fern der gemeinderätlichen Reflexionen, wer denn nun allenfalls wen aufzulösen oder abzuschaffen hätte, steht Basisdemokratie für die Macht von unten. Sie steht für die Ausweitung demokratischer Rechte – nicht für ihre Einschränkung. Sie steht für mehr Mitsprache, Mitbestimmung: für Selbstbestimmung. Die Selbstbeschränkung oder gar Selbstauflösung repräsentativ-demokratischer Institutionen können wir getrost der Logik der Effizienz, des Lobbyismus oder schlicht der Korruption überlassen.
Basisdemokratie ist Demokratie, die an der gesellschaftlichen Basis anpackt: in jenen Bereichen, in denen es den meisten von uns ans Wesentliche, ans Lebendige geht. Da geht es dann halt immer auch wieder ums Arbeiten, seine Würde und seinen Preis, ums Wohnen, um die Sicherheit des Arbeitsplatzes und der Bleibe. Und da geht es schliesslich um die Entscheidungsgewalt über den Boden und über Unternehmen, über Belegschaften, über ganze Regionen.
Wir verfügen über das demokratische Recht, in dieser Stadt über jeden einzelnen Poller einzeln zu befinden. Aber schon wenn es darum gehen soll, Unternehmen, die hier bei uns schiere Hungerlöhne bezahlen, statistisch zu erfassen und namhaft zu machen – ja: schon da winkt der Gemeinderat ab. Und wenn ein Industriestandort von der Geschäftsleitung gezielt ruiniert wird und wenn Belegschaften gegeneinander ausgespielt werden, dann ist auch eine Kantonsregierung hilf- und machtlos, wie uns das Beispiel Reconvillier auf beschämende Art gezeigt hat.
Mögen solche Überlegungen den Appetit auf Wahlen und den Glauben an Kompetenz, Integrität und Macht repräsentativ-demokratischer Institutionen auch etwas zügeln – so treffen sie doch den Kern der Sache: den demokratischen Kern des Wunsches nach Basisdemokratie. Wir haben hier in diesem Rat zwar erst vor relativ kurzer Zeit gehört, dass „die Menschheit“ noch nicht reif sei für die Basisdemokratie selbst in einem sehr eng begrenzten Rahmen – möglicherweise auch gar nie dazu reif werde. Wie wäre es aber, wenn wir uns ein gesellschaftliches Zusammenleben ohne Basisdemokratie gar nicht mehr leisten könnten? Ich meine: nicht in einem begrenzten Bereich, auf einem Spielfeld des gesellschaftlichen Experiments, sondern in eben jenen sozialen Feldern, auf denen um unser Leben – um unser Überleben – gespielt wird. Können wir es uns leisten? Können wir es uns denn leisten, dass unser Leben weiterhin von Verwaltern von Finanz- und Humankapital, von Technokraten, Spekulanten und ihren Sekundanten in Politik, Medien und Kulturindustrie bestimmt wird?
Einmal im Jahr seien diese Fragen auch hier erlaubt. Basisdemokratie ist die Antwort. Auch nur einmal im Jahr ist Fasnacht – und just auf die Berner Fasnacht hin war dieses Geschäft traktandiert. Nun entgehen uns Ihre Kurzschlüsse – leider. Denn so Unrecht hätten Sie ja auch wieder nicht gehabt! Da ist durchaus etwas dran: an Fasnacht und Basisdemokratie! Richtige Fasnacht: Das wäre upside down! Wenn die Närrinnen und Narren wieder los sind. Die politischen Närrinnen und Narren grüssen und verlocken Sie: zur Basisdemokratie. Jetzt, früher oder auch etwas später.
Rolf Zbinden, PdA Bern, 25.2.10