Mehr Effizienz im Parlament

Interfraktioneller Abänderungsantrag nach Art. 82 Geschäftsreglement
Stadtrat Fraktionen BDP/CVP, GFL/EVP, SP: Mehr Effizienz im Parlament

Intervention der PdA Bern an der Sitzung des Stadtrats vom 4.2.10

Wenn ParlamentarierInnen ParlamentarierInnen Laferi schimpfen, wird es recht eng fürs Parlament. Wenn Vorstossverliebte Vorstossverliebte Vorstossverliebte schimpfen, dann wird es eng für die Diskussion. Wenn Effizienz zum Mantra wird, dann wird es eng für die öffentliche Debatte. Und dann stellen sich unabwendbar die entscheidenden Fragen: Wer entscheidet über Wert und Unwert des hier Vorgetragenen? Und wem kommt denn die Beschränkung der parlamentarischen Aussprache zugute? Den stillen Schafferinnen und Schaffern? Den Zurückhaltenden? Den Bescheidenen? Oder eher den Diskreten? Den Einflussreichen? Den Mehrheitsfähigen? Oder schlicht den Mächtigen?

Die Frage ist alles andere als harmlos: Wem steht es zu, zu bewerten, ob ein Vorstoss oder eine Wortmeldung legitim, äusserungswürdig ist? Ich meine: legitim – nicht, ob es der einen passt oder den andern stört! Wem steht es zu, zu definieren, welches Wort das Wort zuviel ist?

In den vergangenen drei Jahren habe ich hier eine stattliche Anzahl von Versuchen erlebt, den Stadtratsbetrieb zu rationalisieren – will sagen: die Debatte abzukürzen. Die einzigen Resultate, die spürbar sind, spüren die minoritären Stimmen. Ihre Chancen, zu Wort zu kommen, sind merklich gesunken. Erlauben Sie mir diese Perspektive: Als Fraktions- und Vogelfreier und als Vertreter einer kleinen Partei scheine ich zu den letzten Mohikanern der parlamentarischen Auseinandersetzung, mithin: der parlamentarischen Ineffizienz zu gehören.

Beantworten Sie uns doch bitte auch die Frage: Was haben diese Effizienz-, Zeitspar- und Rationalisierungsübungen der vergangenen Jahre für den Ratsbetrieb gebracht? Viel! Viel Aufregung, Unruhe, Verunsicherung. Und ab und zu ein bisschen Komik.

Haben Sie denn nichts gelernt, meine Damen und Herren auf dem Effizienz-Trip? Haben Sie gar nichts gelernt – z.B. aus der letzten Budgetdebatte? Da sind Sie auf dem besten Weg gewesen, das ganze Geschäft in den Sand zu fahren. Aus Gründen der Effizienz!Dass Sie meinem Antrag auf sofortige Abstimmung schliesslich gefolgt sind, hat uns viele Scherereien mit einem Rekurs erspart. Und Herrn Fuchs auf der Tribüne den Feierabend vermasselt. Zu einem Wandel des Bewusstseins hat es aber offensichtlich nicht geführt! Immer wieder das gleiche Muster! Immer wieder der Glaube, dass sich mit Tricks und reglementarischen Massnahmen die politische Auseinandersetzung aushebeln lässt.

Am 17. September 2009 hat der Fuchs die Ohren hängen lassen. Heute haben Sie es in der Hand, seiner SVP zu einem grossen und billigen Sieg zu verhelfen: Die Propaganda gegen die Classe Politique bekäme tüchtig Auftrieb. Und sie hätte in dieser Sache sogar recht! Die Verschiebung der Stadtratssitzungen von einem Abend, einem Feierabend, auf einen Werktag ist ein happiges Zeichen, das wohl nur in diesem Saal nicht richtig gelesen werden kann.

Und wer denn partout eine solch einschneidende Änderung des Stadtratreglements in die Wege leiten will, könnte sich in seinem Antrag mindestens um eine kohärente Begründung bemühen. Und dann müsste man sich doch wohl entscheiden: zwischen Effizienzrhetorik und Freizeitdiskurs, ist doch eine natürliche oder logische Verbindung dieser beiden Argumentationsweisen für Uneingeweihte nicht unbedingt erkennbar. Das strahlt nicht unbedingt Seriosität und Vertrauenswürdigkeit aus.
Die PdA Bern bekämpft alle Einschränkungen der demokratischen Einflussmöglichkeiten, Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte. Die Änderung des Stadtratsreglements wäre ein deutliches Zeichen der Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgschichten. Es wäre ein Votum für eine weitere Spezialisierung und Monopolisierung der politischen Mitwirkung und Kontrolle.

Wir haben hier nicht unsere persönliche Befindlichkeit und Bequemlichkeit zu pflegen, sondern den politischen Anliegen, dem Auftrag unserer Wählerinnen und Wähler Geltung zu verschaffen. Jeder und jede machen das auf eigene Art. Für jede und jeden soll es auch möglich sein: nach der Arbeit an einem Abend.

Rolf Zbinden, PdA Bern, 4.2..2010