Für eine sichere Stadt Bern

Initiative „Für eine sichere Stadt Bern“ und Gegenvorschlag des Stadtrats; Abstimmungsbotschaft
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 12.11.09

Aus dem Vortrag des Gemeinderats ist zu erfahren,

  • dass die Kriminalitätsstatistik einen Rückgang der Straftaten ausweist;
  • dass Bern in einer vergleichenden internationalen Studie hinter Luxemburg als die sicherste Stadt fungiert;
  • dass Kriminalität als Problem für die Berner Bevölkerung an Bedeutung verloren hat;
  • dass Bern hinsichtlich dieser Problematik im Vergleich mit anderen Schweizer Städten das „positive Schlusslicht“ darstellt.

Die Tendenz scheint einhellig und eindeutig. Die Tendenz von Initiative und Gegenvorschlag allerdings ebenso: Mehr Polizeipräsenz!

Und wie soll ich das zusammen bringen?

  1. Man vermische Kriminalität mit andern Themen: mit Sauberkeit und Ordnung. Das ergibt eine brisante Mischung aus Raub, Kokaingeschäft, Keilerei, Littering, wildem Plakatieren und Rülpsen in der Öffentlichkeit. Eine Mischung, so wild und wuchernd wie PINTO, der gehätschelte Wadenbeisser mit ach so menschlichem Antlitz.
  2. Man rede von gegenläufigen Tendenzen, von „Schatten“, von „neuralgischen Brennpunkten“: „Rund um die besonders betroffenen Orte werden sehr oft Alkohol (in Clubs, Bars oder im Freien) oder Drogen konsumiert.“
  3. Man gebe zu bedenken, „dass die Toleranz der Bevölkerung gegenüber Drogenabhängigen und anderen Randständigen in letzter Zeit stark abgenommen hat.“
  4. Man beschwöre „sportliche Grossveranstaltungen“, die jedes polizeiliche Zeitbudget über den Haufen werfen.

Die PdA Bern meint dazu:

  1. Wenn wir von Kriminalität reden, reden wir von Kriminalität, wenn wir von Sauberkeit reden, von Sauberkeit. Eine Vermischung dieser Bereiche ist rechtsstaatlich fragwürdig und demagogisch. Genauso fragwürdig und demagogisch wie die Vermischung von Prävention, Repression und Toleranz.
  2. Wo sind eigentlich die „neuralgischen Brennpunkte“ zu finden, die ihre Schatten werfen auf die Sicherheitslage in der Stadt Bern? Ich zitiere noch einmal: „Rund um die besonders betroffenen Orte werden sehr oft Alkohol (in Clubs, Bars oder im Freien) oder Drogen konsumiert.“ Folgen wir der Logik der Initiative und des Gegenvorschlags, muss die Allgemeinheit für ein grösseres Polizeiaufkommen sorgen, damit der privat vermarktete und kommerziell einträgliche Drogenkonsum ungestört florieren kann: „in Clubs, Bars oder im Freien“ – Konsum bis zum Abwinken. Die PdA Bern meint: Für die Kollateralschäden sollen gefälligst
    die kommerziellen Verursacher aufkommen – die pikanterweise heute am lautesten nach zusätzlicher Polizeipräsenz schreien.
  3. Dass „die Toleranz der Bevölkerung gegenüber Drogenabhängigen und anderen Randständigen in letzter Zeit stark abgenommen hat“, ist tatsächlich ein echtes Problem: das Problem einer Bevölkerung, der in gesellschaftlicher Krise, existentieller Verunsicherung und Sinn-Not die Ventile geöffnet werden gegenüber sozial Schwachen und an den gesellschaftlichen Rand Gedrängten.
  4. Sportliche Grossveranstaltungen belasten das Zeitbudget der Polizei. Sie haben jedoch direkt nichts zu tun mit der städtischen Sicherheitslage. Nicht einmal mit ihrer subjektiven Seite, wie Zehntausende jedes Wochenende belegen. Wird das Problem konkret benannt, findet es auch konkrete Lösungen. Hier im Rat sind Varianten diskutiert worden. Weitere werden folgen.

Konkrete Antworten auf konkrete Fragen und Probleme: Die Stadt hat einige gute Erfahrungen sammeln können und beispielsweise mit dem niederschwelligen Angebot der Anlaufstelle Hodlerstrasse die Lebensqualität und Sicherheit sowohl von drogenabhängigen als auch von anderen Bürgerinnen und Bürgern wesentlich verbessern können.

Initiative und Gegenvorschlag setzen auf Pauschalisierung und Vermischung unterschiedlicher Problemlagen. Die PdA Bern lehnt deshalb sowohl Initiative wie Gegenvorschlag ab: Sie sind nicht die Lösung der Fragen urbaner Sicherheit, sondern Teil des Problems. Mit oder ohne PINTO: Leistungsausbau auf Seiten der Repression lehnen wir ab.

Eine polizeilich befriedete Gesellschaft: Das ist nicht unsere Utopie. Harmonie dank Uniform: Davor graust uns. Die Vertreter von Ruhe und Säuberung werden wir mit unseren Argumenten nicht umstimmen. Aber verschonen Sie die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und uns wenigstens mit der Geschmacklosigkeit Ihrer autoritären Phantasien: Am Bild kann man sie erkennen. Im Bild entlarven sie sich.

Rolf Zbinden, PdA Bern, 12.11.09