Motion Fraktion BDP/CVP (Martin Schneider, parteilos): Renovation Reitschule, innen und aussen
Intervention der PdA Bern im Berner Stadtrat, 5.11.09
Wir kennen das Phänomen von verschiedenen Vorstössen her: Die Berner Reitschule kennt – fast – nur Freunde. Und einige dieser Freunde wollen ihr regelmässig an den Kragen. Weil sie es doch so gut mit ihr meinen!
So outet sich denn auch der aktuelle Motionär als eigentlicher Habitué und Kenner der alternativen Kulturszene – „und sogar noch etwas mehr…“, was auch immer diese Worte und die drei vieldeutigen Punkte bedeuten sollen. Seine Kritik setzt er zuerst buchstäblich: in Klammern. Hier finden wir dann das Standardprogramm, das üblicherweise unter dem Titel „Vorplatz“ geboten wird – neben einer echten Premiere: „Schutz vor militanten Demonstranten“! Was will der Motionär der Reitschule hier genau vorwerfen?
Dann legt der Motionär aber erst so richtig los und bringt es auf seinen Punkt: „Das Experiment (…) wurde in Bern 20 Jahre lang toleriert“! Das scheint uns allerdings eine äusserst interessante Interpretation von Toleranz, die der Motionär uns hier auftischt, nachdem er eben erst erwähnt hat, dass das Stimmvolk wiederholt ja gesagt habe zur Reitschule: „was ein klares Votum ist.“ Aber wir erfahren schliesslich auch, was ihn – wie schon seinen Vorgänger – stört am Experiment Reitschule: die Basisdemokratie.
Da hilft nur noch eins: Man muss direkt philosophisch werden! Und die Register ganz weit oben ziehen: „die Geschichte“ und „die Menschheit“ – darunter geht es einfach nicht mehr. Mein Schutzengel behüte mich vor solchen Kalendersprüchen aus den Guten Schriften der 50er Jahre, als die Schulbänke wirklich noch drückten.
Bei der Kernforderung geht es dann wieder bedeutend bodenständiger zu, wenn der Motionär die Zerschmetterung der IKUR fordert und ihre Ersetzung durch „eine neue Geschäftsleitung mit kompetenten Menschen.“ Das ist nach der eingangs erwähnten Schmusespur nicht nur widersprüchlich, sondern strotzt vor Arroganz. Vor solchen Freunden alternativer Kultur muss man sich vorsehen – mehr vorsehen als vor den offenen Gegnern der Reitschule. Diese Freunde spucken hinterrücks in die Suppe.
„Renovation Reitschule, innen und aussen“: Aber der Mensch hat doch Humor und verfügt über Wortwitz? Uns vergeht aber das Lachen gründlich, wenn wir sehen, wie der Motionär mit seinen Forderungen einen Keil zu treiben versucht zwischen die einzelnen Kollektive und die IKUR. Wer ohne Geschäftsleitung nicht leben kann, wer sich das nicht einmal vorzustellen vermag – der wird es wohl ähnlich sehen wie der Motionär und wird vermutlich für die Basisdemokratie noch nicht bereit sein. Nicht einmal bereit, sie noch länger zu tolerieren.
Die PdA Bern ist dem „Experiment“ Reitschule gerade dafür dankbar, dass nicht auf den Sanktnimmerleinstag gewartet wird, um wichtige Elemente selbstbestimmten und basisdemokratisch organisierten Lebens kreativ umzusetzen – und das in einer Gesellschaft, die von selbstverständlich kompetenten Geschäftsleitungen in den sozialen und ökologischen Bankrott getrieben wird. Ob Motion oder Postulat: Sorgen wir dafür, dass dieser Vorstoss abgelehnt wird und der Geschichte angehört.
Rolf Zbinden, PdA Bern, 5.11.09