Bericht Prävention, Intervention und Toleranz PINTO

Vortrag des Gemeinderats an den Stadtrat: Bericht Prävention, Intervention und Toleranz PINTO
Intervention der PdA Bern an der Sitzung des Berner Stadtrats, 4.6.09

„Wichtigste Aufgabe ist die aktive Präsenz im öffentlichen Raum. Dabei kombiniert PINTO aufsuchende Sozialarbeit mit ordnungsdienstlichen Aufgaben.“ (Ber. S. 2). Wer Sozialarbeit und Ordnungsdienst unbedingt miteinander verbinden will, hat an PINTO seine Freude. Wem diese Vermischung unterschiedlicher sozialer Rollen und Haltungen problematisch erscheint, wird nicht darum herum kommen, diesem Spross aus einer breiten politischen Verbrüderung immer von neuem die Anerkennung zu verweigern. So einfach ist die Sache und so langweilig hört sie sich schon lange an. Und auch der vorliegende Bericht des Gemeinderats wird daran nicht viel ändern können.

Erwähnenswert erscheint uns immerhin eine deutliche Entwicklung im Lauf der vergangenen Jahre: PINTO hat sich erst auf Samtpfoten eingeschlichen, ist dann im Selbstbewusstsein und instrumentell ordnungsdienstlich aufgerüstet worden, um schliesslich zu einer Drehscheibe zwischen Erfassung, Kontrolle und Auswertung sich zu mausern. So kann es denn nicht erstaunen, dass der Gemeinderat eine stolze Liste von „exemplarischen Tätigkeiten und Aktionen“ zusammenstellt: von „ambulanten Vermittlungs- und Rückführungsaktionen“ über die Begleitung der Bahnhofspaten bis zu Littering-Aktionen. Und bis in jeden einzelnen Satz hinein lässt sich der Chamäleon-Charakter nachweisen, von dem der Gemeinderat so angetan ist, weil er ihm nämlich genau das zu ermöglichen scheint, was ihm am liebsten ist: es allen recht zu machen.

Der Erfolg gibt dem Gemeinderat bisher Recht. Rechts bedankt man sich für diese zusätzliche Ordnungstruppe, während sich die rot-grüne Mitte auf die zweite Silbe eingestimmt hat: Wie schön tolerant kann doch Ruhe und Ordnung daherkommen! Ausgeblendet wird dabei, dass es zur Rechtssicherheit gehört zu wissen, von wem ich jetzt genau was zu erwarten – von welcher Institution ich was zu gewärtigen habe. Und da werde ich doch wohl von einem Mitglied von Police Bern nicht genau das gleiche Angebot erwarten wie von einer Sozialarbeiterin. Für den Gemeinderat sind solche Differenzen: Peanuts. So lesen wir denn im Bericht des Gemeinderats: „PINTO kann randständigen Menschen konkrete Hilfe bieten.“ Und wenige Zeilen weiter: „PINTO entlastet und ergänzt die Polizei.“ Die Polizei wird’s freuen. Welchen Dienst erweist diese Vermischung von Aufgaben und Rollen der professionellen Sozialarbeit?

PINTO als „wichtiges und niederschwelliges Sozial- und Sicherheitsangebot“ – schon nur der Zusammenzug der beiden Begriffe lässt erschauern. Und morgen schon soll es dann leicht über die Lippen gehen: Sozial- und Sicherheitsdienst – wenn Träume wahr werden! Und übermorgen? Sozial- und Sicherheitsdirektion? In der frühen Neuzeit hiess das: Armenpolizei. Nachfolgende Zeiten haben dann eine gewisse Sensibilität für die Differenzierung der Aufgaben aufgebracht. In exakt diesem Sinn müssen wir bei PINTO von einem historischen Rückschritt reden.

Diesen Rückschritt lassen wir uns auch durch die Jahrzehnte an Hochschulbildung nicht schmackhaft machen, die im PINTO-Team laut Bericht auflaufen. Professionalität einer Institution ist nicht in erster Linie eine Frage der versammelten Diplome – sie definiert sich vielmehr über die Transparenz der Aufgabenstruktur und die Kohärenz der auszuführenden Rollen. Und unter diesem Blickwinkel ist PINTO eine veritable Wundertüte: „PINTO ist flexibel und kann kurzfristig für neue Aufgaben eingesetzt werden.“ Die PdA Bern kann gut auf solche Überraschungseier verzichten. Und es sind genau solche Sätze, die uns in unserer Ablehnung von PINTO bestärken. Wir haben unsere Ablehnung und unsere Gründe von Anfang an klar kommuniziert. Der Bericht des Gemeinderats bestätigt unsere Einschätzung und unsere Befürchtungen. Das nehmen wir zur Kenntnis. Zuzustimmen gibt es da nichts.

Rolf Zbinden, PdA Bern, 4.6.09