Die momentane Diskussion über die Senkung des Umwandlungssatzes bei den Pensionskassen berührt das wahre Problem nicht. Die Pensionskassen sind eine Fehlkonstruktion, die bloss den privaten Versicherungen, den Banken und Finanz- und Pensionskassenexperten viel Geld in die Kasse spült. Die Pensionskassen müssen abgeschafft und dafür die AHV ausgebaut werden.
Die AHV ist eine solidarische Altersvorsorge. Jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin zahlt den gleichen Prozentsatz von seinem Lohn ein, die maximale Rente ist aber nur doppelt so hoch wie die minimale Rente. Herr Vasella zahlt daher 720 mal mehr als die am schlechtesten verdienende Putzfrau von Novartis, erhält aber nur die doppelte Altersrente.
Wer als Erwerbstätiger arm war, bleibt bei den Pensionskassen auch als Rentnerin arm. Jeder erhält im Alter nur soviel, wie er einbezahlt hat. Dieses Problem kann innerhalb der Pensionskassen nicht gelöst werden. Die einzige Lösung ist die Abschaffung der Pensionskassen und der Ausbau der AHV.
Weiter werden nicht mal auf dem ganzen Lohn Beiträge einbezahlt. Wer an einer Arbeitsstelle nicht mindestens 19‘000 Franken pro Jahr verdient, hat gar keine Pensionskasse; wer bis 26‘000 Franken verdient eine minimale Pension; wer darüber verdient, dem werden von seinem Einkommen 22‘500 Franken abgezogen. Nur auf dem übrigbleibenden Teil des Einkommens werden Beiträge für die Pensionskassen bezahlt. Daher erhalten Leute mit einem kleinen Einkommen oder mit zwei oder mehr Teilzeitjobs keine oder bloss eine minimale Rente von der Pensionskasse.
Die Abschaffung der Pensionskassen löst das Problem grundsätzlich.
Die Pensionskassen machen die Arbeiterinnen und Arbeiter zu ihrem eigenen Feind.
Im Kapitalismus gibt es einen dauernden Kampf zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern um die Verteilung des Mehrwertes, den die Arbeitenden erwirtschaften. Gewinnen die Arbeiterinnen diesen Kampf, so sind die Löhne höher und die Firmengewinne tiefer. Für die AHV wirkt sich dies nur positiv aus: Es werden mehr Beiträge bezahlt. Für Pensionskassen hat dies auch eine negative Auswirkung, da bei vielen bis zu einem Drittel des Vermögens in Aktien angelegt sind. Wenn die Firmengewinne sinken, fallen auch die Aktienkurse. Die Pensionskasse gerät in Unterdeckung und muss von den Beitragszahlenden saniert werden. Je nach Art der Sanierung erhalten die Beitragszahlenden momentan weniger Lohn oder später eine tiefere Pension.
Pensionkassen legen einen Teil ihres Vermögens in Immobilien an. Dies ist ein Grund dafür, dass die Immobilienpreise und damit auch die Mieten in den letzten Jahrzenten in der Schweiz viel schneller als die Einkommen gestiegen sind.
Nur die Abschaffung der Pensionskassen kann verhindern, dass wir weiterhin unser eigenes Grab schaufeln.
Die Pensionskassen benötigen auch eine riesige Bürokratie, die in der Schweiz pro Jahr zwischen 3 und 5 Milliarden Franken kostet. Geld, das von den Arbeitenden bezahlt wird, das sie aber nie mehr sehen.
Kleine Betriebe haben gar keine Pensionskasse, sie sind bei sogenannten Sammelstiftungen angeschlossen. Die meisten Sammelstiftungen werden von privaten Versicherungen geführt und zocken die Leute gleich doppelt ab. Erstens kassieren sie pro Versicherten bis zu 800 Franken Verwaltungskosten pro Jahr, zweitens dürfen sie auf den Kapitalerträgen der Versicherten noch 10 Prozent in die eigene Tasche fliessen lassen. So erstaunt es wohl nicht, dass der CEO der Swisslife im hundsmiserablen Börsenjahr 2008 4 Millionen Franken verdient hat.
Grössere Betriebe haben eigene Pensionkassen, die ebenfalls eine Bürokratie brauchen. Bei ihnen ist aber die Vermögensverwaltung noch teurer. Banken und andere Finanzverwalter legen das Geld an und kassieren saftige Honorare dafür. Risiko tragen sie absolut keines. In den letzten Jahren investieren Pensionskassen immer mehr Geld in Hedge Funds, die pro Jahr 1 bis 2 Prozent des angelegten Kapitals als Vermögensverwaltungsgebühr kassieren. Zusätzlich kassieren sie in guten Jahren bis zur Hälfte der Rendite als Provision, in schlechten Jahren tragen die Pensionskassen die Verluste alleine.
Bei der Abschaffung der Pensionskassen fällt diese Bürokratie und Abzockerei ersatzlos weg. Die AHV kann mit dem gleichen Aufwand doppelt so hohe Prämien einnehmen und doppelt so hohe Renten auszahlen.
Die AHV wird regelmässig an die Teuerung angepasst und ist daher inflationsgeschützt. Nicht so bei den Pensionskassen: Deren Renten werden nicht an die Teuerung angepasst. Der Bundesrat hat vor rund einem Jahr den Aktionären der UBS bis zu 68 Milliarden Franken in ihren schon fetten Arsch gestopft. Auch in anderen Ländern haben sich die Manager und Aktionäre der Banken verzockt und Boni und Dividenden kassiert, die gar nicht auf echten Gewinnen, sondern auf reinen Manipulationen beruhten. Die Regierungen in Amerika und Europa haben auf eine überfällige Verstaatlichung der Banken verzichtet und dafür Tausende von Milliarden ins marode Bankensystem gepumpt. Dies wird sich in den nächsten Jahren durch eine hohe Inflation auswirken. Wenn die Inflation einiger Jahre zusammengezählt 100 Prozent beträgt, dann ist die Rente bloss noch die Hälfte wert. Es wird dann ziemlich nebensächlich sein, ob der Umwandlungssatz 6.4 oder 6.8 Prozent beträgt.
Nur die Abschaffung der Pensionskassen kann verhindern, dass uns der Bundesrat weiterhin so einfach das Geld aus der Tasche ziehen kann.
Die Abschaffung der Pensionskassen und der Ausbau der AHV ist finanziell problemlos möglich. Letztes Jahr hat die AHV für rund 30 Milliarden Renten bezahlt, für die Pensionskassen sind Prämien von fast 40 Milliarden Franken bezahlt worden. Wenn dieses Geld für die AHV bezahlt würde, könnten die AHV Renten daher problemlos verdoppelt werden.Das bisher angehäufte Vermögen der Pensionskassen würde für die Verdoppelung der Renten gar nicht gebraucht, es könnte nach einem fairen Schlüssel zwischen Beitragszahlenden und Rentnern aufgeteilt werden. Jede Rentnerin und jeder Beitragszahlende mit einem schon beträchtlichen Pensionskassenvermögen könnte selber entscheiden, ob sie sich ihren Anteil ausbezahlen lassen und dafür weiterhin die bisherige AHV Rente erhalten will oder ob er seinen Anteil der AHV zur Verfügung stellen und dafür die doppelte AHV Rente erhalten will.
Die Abschaffung der Pensionskassen erlaubt es uns, mit unserem Geld zu machen was wir wollen und nicht was der Bundesrat und die Interessenvertreter der Banken und Versicherungen im Parlament wollen.
Und noch zu guter Letzt: sollen wir zur Senkenung des Umwandlungssatzes JA oder NEIN stimmen? Es gibt vordergründig ein Argument für ein JA: Pensionskassen in Unterdeckung müssen saniert werden, die Arbeiter erhalten während der Sanierung weniger Lohn (z.B. SBB). Vom Arbeitgeber nicht ausfinanzierte Frühpensionierungen und Verlust an der Börse haben die Löcher in den Pensionskassen hauptsächlich verursacht. Wenn bloss zukünftige Rentnerinnen dafür bezahlen sollen, ist dies völlig willkürlich. Es gibt daher bessere Argumente für ein NEIN: Nicht alle Pensionskassen sind in Unterdeckung, die privaten Versicherungsgesellschaften haben mit den Pensionskassen schon zuviel abgezockt, mit der Senkung des Umwandlungssatzes können sie noch mehr abzocken.
Ausschlaggebend ist für uns, was die Abschaffung der Pensionskassen beschleunigt. Dies ist eindeutig ein NEIN; wird der Umwandlungssatz nicht gesenkt, kommen die Pensionskassen schneller in unlösbare Probleme und ihre Abschaffung wird möglich.
Daher stimmen wir am 27. September 2009 NEIN zur Senkung des Umwandlungsatzes.
Vorstand der PdA Bern