KOMMERZIELLES PLAKATMONOPOL IN DER STADT BERN

Interpellation Rolf Zbinden (PdA)
Entgegnung auf die Antwort des Gemeinderats

Etwas kann man dem Gemeinderat aber dann gar nicht vorwerfen: dass es ihm mit der Aktion „Subers Bärn – zäme geits!“ nicht ernst wäre. Sogar an einem heiligen Sonntagmorgen schickt die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün ihre Kolonnen aus – um Kleinplakate zu entfernen. Wahrlich ein deutliches Zeichen: Hier werden Prioritäten gesetzt. Über den sozial integrativen Wert solcher Einsätze scheint sich der Gemeinderat einig zu sein: Arbeitsdienst statt Gottesdienst! 

Dass wir hier in Bern in Bezug auf das Recht der freien Meinungsäusserung in der besten aller Welten leben, hören wir regelmässig: wenn dieses Recht wieder einmal bachab geschickt wird. Was dem Gemeinderat in seiner Antwort auf die Interpellation der PdA Bern dazu einfällt, verdient es zitiert zu werden: „Die Meinungsfreiheit wird durch die genannten Massnahmen nicht eingeschränkt. Die Konzessionärin APG ist bereit, sämtliche Plakate, welche nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstossen, im Rahmen der Sondernutzungskonzession aufzuhängen. Man braucht nicht Atheist zu sein, um da ein bisschen ins Zweifeln zu geraten.

Freie Meinungsäusserung – zahlbar innert dreissig Tagen. Und mehr fällt dem Gemeinderat nicht mehr ein. So wie er in seiner Antwort auch mit keinem Wort darauf eingeht, dass die PdA Bern in ihrer Interpellation darauf hinweist, dass wir aktuell von zwei Plakatmonopolen ausgehen müssen – und beide machen Kasse. Wäre es nur wieder dieses Lied von den Segnungen des Marktes, das wir in diesem Haus immer und immer wieder zu hören bekommen – ich hätte mich zu keiner unbezahlten Zeile motivieren können.

Wie so häufig ist jedoch interessanter, was der Gemeinderat nicht sagt. Der Gemeinderat weiss sehr wohl: Der spärliche Raum für zusätzliche legale Plakatierung, den er mit missglückten und echt störenden Konstruktionen eingerichtet hat – dieser Raum ist ein knappes Gut und folglich hart umkämpft. Im Resultat werden diese Flächen von einer einzigen Firma bespielt, die auf Umsatz schauen muss – und deshalb hat sie auch gar keine Freude, wenn sich Branchenfremde bemerkbar machen. Womöglich noch Branchenfremde, die nicht im Geschäft sind.

Die PdA Bern ist davon überzeugt, dass dem Gemeinderat bewusst ist, welche heikle Situation er unter dem Schlagwort „zäme geits!“ heraufbeschworen hat. Seine politischen Trend-Scouts werden es ihm gesteckt haben. Ein Kleinkrieg um die knappen legalen Plakatierungsmöglichkeiten – der Gemeinderat weiss, dass ich dieses Szenario nicht an den Haaren herbeizerre. Wenn er dazu in seiner Antwort auf unsere Interpellation kein Wort verliert, bestärkt uns das in der Einschätzung, dass ihm diese Ebene der Auseinandersetzung gerade noch gut in den Kram passen würde.

Die Rechnung des Gemeinderats wird nicht aufgehen. Wer seine Meinung frei und gebührenfrei äussern will, wird sich nicht mit denen anlegen, die das Plakatieren als Einkommensquelle betreiben. Weder mit den Grossen, die ihren Müll an bester Lage platzieren, noch mit den Kleinen, die eine Marktlücke bis vor kurzem mit viel Engagement – und ohne obrigkeitliche Protektion füllten.

Wer seine Meinung zu kulturellen und politischen Fragen nicht bezahlen kann und will, wird die vom Gemeinderat paternalistisch eingeräumten Nischen nicht eifersüchtig umkreisen und andere Anwärter auszustechen versuchen. Das ist eine Frage der politischen Grundhaltung. Das ist eine Stilfrage. Das Recht auf freie Meinungsäusserung lässt sich nicht verhandeln – und erst recht nicht verscherbeln. „Zäme geits!“ Die PdA Bern meint: So sicher nicht!

Rolf Zbinden, PdA Bern, 26 Februar 2009 pdf