Stellungnahme der PdA Bern zum Vortrag des Gemeinderats an den Stadtrat
Wo es darum geht, wer an der Euro 08 wo und wann und wie Werbung machen kann; wo es darum geht, wer wo was zu konsumieren bekommt: Da hat der Ausverkauf von Bern bereits stattgefunden. Bis ins klitzekleinste Detail wurde da alles geregelt. In anderen Bereichen nimmt man es bis heute weniger genau. Der Bericht des Gemeinderates ist dafür ein gutes Beispiel. Nachdem sich die Kommerzinteressen durchgesetzt haben, dürfen wir für Folgekosten inklusive Restrisiko aufkommen und kriegen dafür luftige Ausführungen. Nun betrifft das jedoch nicht etwa Peanuts, sondern just jene Fragen, welche einen grossen Teil der Bevölkerung interessieren und einen noch grösseren betreffen: Verkehr und Sicherheit.
Sicherheit
Diese Stadt scheint irgendwie ein Problem zu haben mit der Zuordnung sicherheitsdienstlicher Aufgaben. Oder fehlt es gar an Vertrauen in die Polizei? Für die Euro 08 braucht es also noch die Armee. So weit so klar. Was dann allerdings im Vortrag des Gemeinderats folgt, ist weniger klar und riecht dann eher nach Schönfärberei. Und das Zauberwort heisst: Subsidiarität. Was haben wir damit in der Hand? Die Garantie für Kontinuität! Wer zeigt uns den Armeeeinsatz, der sich nicht in seiner subsidiären Rolle gefiel?
Ich habe anno 2003 anlässlich des G8-Gipfels in Evian ja auch meinen Augen nicht getraut, als ich in Lausanne auf bewaffnete Soldaten traf: nicht etwa in einem logistischen Depot, sondern in der Nähe des Hafens direkt hinter einer Absperrung aus „Spanischen Reitern“. Dass zu diesem Zeitpunkt „alle zivilen Mittel nachweislich ausgeschöpft“ waren, will ja nun wirklich niemand behaupten.
Aber zu unserer Beruhigung hält der Gemeinderat fest: „Die Einsatzverantwortung obliegt den zivilen Behörden“. Dass der Gemeinderat davon ausgeht, dass diese Behörde 2008 Police Bern sein wird, braucht uns vor der Abstimmung vom 11. März und der im Vorfeld
verbreiteten Stimmung nicht zu wundern. Und wer in diesem neuen Zusammenhang von Police Bern das Sagen haben wird, wissen wir schon heute!
Für die Stadt Bern als Austragungsort ergibt sich schon im Vorfeld der EURO 08 eine Situation der Bevormundung – einer mehrfachen Bevormundung: kommerziell und politisch. Sicherheitsdienstlich durch den Kanton und die Armee. Und wie wenn der Gemeinderat nicht schon genug der Fremdbestimmung gehuldigt hätte, öffnet er die Tür für den Einsatz ausländischer Polizeitruppen. Aber wen schreckt das noch? Den deutschen Bundesgrenzschutz kennen wir ja seit dem Kessel von Landquart 2004 bestens: „Zu Gast
bei Freunden!“
Mit dem Sicherheitskonzept zu Euro 08 verfestigt und normalisiert sich etwas, das sich bisher schleichend zu etablieren versuchte: die Militarisierung des Ordnungsdienstes – über den Einsatz militärischen Materials, der dem Berner Gemeinderat von sich aus bisher kein Wort der Erklärung wert gewesen ist, hin zum Einsatz der Truppe selbst.
Nun wurde in einer Vereinbarung mit dem Bund die Garantie abgegeben, „dass die zu erbringenden Armeeleistungen unentgeltlich sein werden“. Wir sind so undankbar und können diesem Sicherheitskonzept auch dann nicht zustimmen, wenn es budgetfreundlich
daherkommt. Zusätzliche Verunsicherung kommt noch dadurch auf, dass unter dem Titel „Armee“ folgender Satz zu lesen ist: „Die Austragungsorte sind innerhalb der Projektorganisation öffentliche Hand gegenwärtig dran, eine Vereinbarung auszuhandeln,
der zufolge die für die EURO 2008 zu erbringenden subsidiären Leistungen der Armee incden Austragungsorten kostenbefreit erbracht werden.“ Existiert denn nun diese Vereinbarung schon? Oder gehört sie ins Reich des Wunschdenkens? Diese Perversion des Prinzips
Hoffnung ist uns keinen Franken wert.
Verkehr
Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück: So vergibt sich Bern die Chance, ökologische Nachhaltigkeit nicht nur zu postulieren, sondern umzusetzen. Als Schritt in die ökologische Richtung können sicher die Massnahmen gelten, welche zur „möglichst ’stressfreien Mobilität der Gäste und Gastgeber’ beitragen“: attraktiver öffentlicher Verkehr verbunden mit Verkehrsberuhigungen. Erfreulich in diesem Zusammenhang auch die Einsicht, dass der Weg aus der Innenstadt zum Wankdorf-Stadion „Matchbesucherinnen und -besuchern zugemutet werden kann“.
Unter dem Stichwort „Parkierung“ können wir dann aber lesen: „Aufgabe der Stadt ist es, ausreichende Angebote für die Fans (Busse und Personenwagen) zur Verfügung zu stellen.“ Halten wir uns nicht bei der Frage auf, wer hier wie viel als ausreichend definieren wird. Fragen wir schlicht, wo denn hier parkiert werden soll. Dass neben der Kleinen Allmend und dem Schermenareal die Verkehrsflächen im verkehrsberuhigten Perimeter angeboten werden, dürfte als originelle Interpretation von Verkehrsberuhigung in die Geschichte der EURO 08 eingehen.
Und mit dem nächsten Schritt sind wir beim Ausbau des Schermenareals und der Kleinen Allmend zu allwettertauglichen Parkflächen. Nachhaltigkeit kann man auch so verstehen. Das Nordquartier wird sich noch lange an diese Lesart erinnern dürfen.
Die PdA Bern lehnt diese Investitionen in den Privatverkehr ab und fordert ihre Streichung aus dem Kredit für die EURO 08.
Die PdA Bern widersetzt sich einem Sicherheitskonzept, das einer weiteren Militarisierung der Gesellschaft Tür und Tor öffnet.
In Anbetracht dessen, dass erhebliche Kostenrisiken bestehen, die den wirklichen finanziellen Aufwand leicht über die Schwelle von 7 Mio. Franken treiben können, beantragt die PdA Bern, den Kredit für die EURO 08 dem obligatorischen Referendum zu unterstellen.
Bern, 15.2.07 / Rolf Zbinden, PdA Bern
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